Sie sollten das Honorarthema für journalistisch Berufstätige grundlegend ändern: 2010 traten nach langen Verhandlungen die „Gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen“ (VGR) in Kraft. 2017 wurden sie von den Verlegern wieder „gekündigt“, sind aber weiter gültig (siehe ➔ hier). Die Vereinbarung zwischen Journalisten- und Verlegerverbänden ist zehn eng beschriebene Seiten lang, ihren Kern bildet eine kurze Tabelle mit Zeilenhonoraren von 38 bis 165 Cent, gestaffelt nach Auflagenhöhe, Stilform und Exklusivitätsstufe.
Natürlich gab und gibt es Diskussionen über den Nutzen. Bemängelt wird vor allem,
- dass die VGR den nötigen Arbeitsaufwand für einen Beitrag nicht als Maßstab heranziehen (was sie aber gar nicht können – siehe
➔ Tipp unten: „Vergütungsregeln sind kein Tarif“). - dass die VGR nur für Tageszeitungen gelten. Über Zeitschriftenhonorare wurde lange verhandelt, aber zuletzt haben die Zeitschriftenverleger weitere Verhandlungen mit dem vorgeschobenen Argument abgelehnt, dass eine Vereinbarung solcher Honorare rechtlich gar nicht zulässig sei, trotz geltendem Gesetz.
Unabhängig von diesen Einschränkungen hatten zahlreiche Freie gehofft, dass mit den Vergütungsregeln endlich das Gefeilsche ein Ende hat und sie sich aufs Schreiben konzentrieren können. Doch da haben sie falsch gehofft. Und das gleich aus mehreren Gründen:
- Viele Verlage stellen sich taub. Sie wenden die VGR-Zeilenhonorare erst nach langem Drängen oder gar nicht an. Die eigentlich mit den Verlegerverbänden vereinbarten Honorarsätze müssen in der Praxis individuell erkämpft werden, wie der DJV anschaulich anhand ➔ dieser Webkarte dargestellt hat.
- Die Vergütungsregeln nennen stets Honorarspannen, also z.B. 121-132 Cent für Reportagen-Erstdruck über 200.000 Auflage. Wer mehr als das Minimum will, der muss natürlich verhandeln.
- Andere als urheberrechtliche Preiskriterien können in den VGR ohnehin nicht berücksichtigt sein (siehe unten, Tipp). Für Themen wie Honorierung nach Arbeitsaufwand, Bezahlung des Beitrags wie bestellt (und nicht wie veröffentlicht) und Berücksichtigung der Betriebskosten eines freien Journalisten bleibt ebenfalls weiter nur die individuelle Verhandlung.
- Und wie gesagt: Die VGR gelten nur für Tageszeitungen. Für Zeitschriften gibt es sie nicht, weil die Verhandlungen durch die Zeitschriftenverleger beendet wurden. Für andere Medien wurde noch gar nicht begonnen.
FAZIT: Die Vergütungsregeln sind ein Fußboden, der von der Urheberrechts-Seite aus in das Honorargebäude eingezogen worden ist, nicht mehr und nicht weniger. Eine Bundes-Journalismus-Gebührenordnung sind sie nicht. Es bleibt also viel zu verhandeln. Was und wie, darum geht es ➔ im Kapitel „Wie bekomme ich mehr Honorar?„.
Tipp: Vergütungsregeln sind kein Tarif
Wer bei seinen Honorarverhandlungen mit den Vergütungsregeln (VGR) argumentiert, der sollte dabei dieses berücksichtigen: Die VGR basieren auf dem Urheber- und nicht auf dem Tarifrecht (einen Honorartarif für echte, also nicht arbeitnehmerähnliche Freie hat das Kartellamt bereits in den 60er Jahren untersagt). Diese Feinheiten können einem zunächst einmal natürlich egal sein. Geht es aber ans Verhandeln, dann wird eines wichtig: Die VGR können als Element des Urheberrechts nur auf die wirtschaftliche Beteiligung der journalistisch Berufstätigen an der Verwertung seiner Werke abstellen. Der Arbeitsaufwand zum Beispiel spielt im Urheberrecht keine Rolle. Wer über die VGR mehr Geld haben will, der sollte das also tunlichst nicht mit dem nötigen Aufwand begründen. Stichhaltige Argumente könnten dagegen sein: eine erweiterte Nutzung durch den Verlag und/oder zusätzliche Einnahmeerwartungen. Umgekehrt können und müssen sich natürlich auch Themen wie der Aufwand für eine rechercheintensive Geschichte im Honorar niederschlagen. Nur sind dann eben die VGR nicht der passende Hebel.