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Der Bildermarkt

Wenn Du im Bildjournalismus tätig werden willst, ist es besonders schwierig. Auftraggebende von bildjournalistisch tätigen Freien finden sich vor allem in der Tagespresse und Zeitschriften sowie deren Online-Auftritten, hinzu kommen Bildagenturen. Ein großes weiteres Feld ist die Tätigkeit für Unternehmen, Institutionen und Verbände, die solche Fotos vor allem für Corporate Publishing sowie PR-Zwecke einsetzen. Hier ist auch Bildmaterial für Social-Media-Auftritte (z.B. Insta) gefragt. Immer häufiger wird auch die Produktion von (kurzen) Videos bestellt, in erster Linie für Online-Auftritte. Agenturen wie etwa die dpa verlangen zunehmend auch die Lieferung von TV-sendefähigem Videomaterial.

Durchschnittseinkommen niedrig
Das monatliche Durchschnittseinkommen von bildjournalistisch tätigen Freien liegt mit rund 2.000 Euro noch deutlich unter dem Durchschnitt der Gesamtgruppe der Freien. Wer intensiv für Tageszeitungen tätig ist, verdient sogar nur rund 1.700 Euro monatlich. Das liegt auch daran, dass bei bildjournalistisch tätigen Freien hohe Kosten für Foto- und Videoausrüstung, Fahrzeug, Treibstoff und Hard-/Software entstehen. Die Betriebsausgaben liegen bei ihnen bei 40 Prozent. Damit bleiben beispielsweise von einem vermeintlich halbwegs ordentlichen Tagessatz von 260 Euro nur 156 Euro pro Tag übrig, von dem dann noch Sozialversicherung, Steuern und sonstige Abgaben zu bezahlen sind. Kosten, die andere Freie so nicht haben. Die Arbeitsbelastung ist mit durchschnittlich 47 Stunden pro Woche besonders hoch, weil die Wege zu den Terminen oft weit sind und sowohl Vorbereitung als auch Nachbereitung sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.

Absatzmöglichkeiten
Die Absatzmöglichkeiten von bildjournalistisch tätigen Freien leiden vor allem darunter, dass in der Tagespresse und den von ihr betriebenen Online-Magazinen vor allem Fotos der dpa und den übrigen großen Nachrichtenagenturen verwendet werden. In manchen Häusern muss die Verwendung von Fotos, die nicht von dpa kommen, sogar von der Geschäftsführung genehmigt werden. Hinzu kommen konkurrierende Agenturen, die sich mit sehr günstigen Pauschalpreisen einen Platz auf dem Fotomarkt erkämpft haben und für viele Foto-Freie daher trotz geringer Honorare als alternativlos erscheinen, wenn sie noch Bilder verkaufen wollen. Eine weitere Konkurrenz sind kostenlose Bilder, die den Medien von Vereinen oder Institutionen ungefragt zugesandt werden. Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste fotografieren und filmen mittlerweile selbst, um ihre Arbeit ins (rechte) Licht zu setzen.

Hinzu kommt, dass im lokalen Bereich seitens der Verantwortlichen in den Redaktionen das Bild nur selten als eigene Erzählung oder Gestaltungsmittel eingesetzt wird, sondern nur als Begleitung eines Textes und vor allem zur unmittelbaren Porträtierung einer Person oder Personengruppe verwendet wird. Die Möglichkeiten des Bildes werden nur in den großen nationalen Tageszeitungen wie der F.A.Z. und den Sonntagszeitungen halbwegs ausgespielt; in der täglichen und lokalen Etappe scheinen die Geschäftsführungen den Möglichkeiten des Mediums gegenüber aus Kostengründen blind zu sein und die zuständigen Redaktionen (auch finanziell) überfordert.

Die klassische Fotoreportage mit zahlreichen Bildern wird nur von wenigen Medien als Mittel der Berichterstattung eingesetzt.

Darüber hinaus werden in vielen Medien zunehmend Symbolfotos eingesetzt. Eigentlich ist die Symbolfotografie die Domäne professioneller Bildagenturen, die sich auf die Produktion so genannter „Stockphotos“, d.h. auf Vorrat produzierter Fotos, spezialisiert haben. Aber auch bildjournalistisch tätigen Freie, die im Internet oder in den üblichen Vertriebskanälen präsent sind, haben sich in diesen Bereich begeben, in dem sie zumindest über den Preis konkurrenzfähig sind. Allerdings sind auch die Honorare für Symbolfotos stark gesunken, erst recht, seitdem Bilder durch Künstliche Intelligenz erzeugt werden können.

Die Honorare im Bildbereich sind unterschiedlich. In regionalen Tageszeitungen beginnen sie manchmal bei lediglich zehn Euro, reichen dort aber generell schon bis 30 oder 40 Euro. Zeitschriften orientieren sich im Regelfall an den Werten der Übersicht der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM), die aus dem DJV und anderen Fachverbänden der Fotobranche besteht.

Nur besondere Fotos, etwa Bilder von Prominenten in ungewöhnlichen Situationen oder Aufnahmen von Auto-Prototypen, bringen besondere Honorarhöhen ein. Der Arbeitsmarkt dieser „Paparazzi“ oder „Erlkönigjäger“ ist aber schon heute überfüllt – und Prominente bzw. Firmen machen mit juristischen Gegenmaßnahmen den Markt auch nicht einfacher. Für das Gros der Freien ist dies kein Ausweg.

Der Arbeitsmarkt der bildjournalistisch tätigen Freien ist von der umfassenden Digitalisierung besonders betroffen. Die Verbilligung von Kameras, Bildbearbeitungssoftware, Computern und digitaler Datenübertragung hat dazu geführt, dass die Zahl der kostenlos von Lesern oder Interessensgruppen eingereichten Bilder erheblich gewachsen ist. In vielen Fällen wird die Entsendung von bildjournalistisch tätigen Freien zur Abwägungsfrage. Die „Lesendenfotografie“ ersetzt häufig professionelles Material, denn die Einsendung von Handyfotos an Zeitungen und andere Medien ist zum Trendhobby vieler Menschen geworden. Auch Behörden der Ordnung und Sicherheit (BOS) liefern zahlreiche Einsatzfotos kostenlos, ebenso wie Firmen oder auch Städte Bildaufnahmen kostenlos zum Download anbieten, um sich auf diese Weise Öffentlichkeit zu verschaffen.

Noch problematischer wird die Situation dadurch, dass praktisch jede journalistisch tätige Person mindestens ein Foto-Handy bei sich führt und ein Teil der Freien zunehmend auch eine professionelle Ausrüstung mit sich führt. Die Präsenz zweier Personen, einer wortjournalistisch und einer bildjournalistisch tätigen Person auf einem Event wird da zum Ausnahmefall. Gleichzeitig schrumpfen damit aber auch die Durchschnittshonorare im Bildbereich, da eine doppelt wort-/bildjournalistisch tätige Person nicht das doppelte Honorare erhält, sondern für das zusätzlich gelieferte Bild allenfalls noch einen Anerkennungszuschlag bekommt. Schon jetzt bezeichnen sich 80 Prozent der wortjournalistisch Tätigen auch als bildjournalistisch tätig.

Damit sind aber die negativen Entwicklungen auf dem Bildermarkt noch nicht zu Ende. Kostenlose Bilddatenbanken, die eine kommerzielle Nutzung explizit erlauben, werden in Redaktionen massiv als Bezugsquelle genutzt, wie Auswertungen zeigen. Darüber hinaus stellen zahlreiche Firmen, Institutionen und Verbände umfangreiches Bildmaterial aus PR-Gründen kostenlos zur Verfügung. Nach Südafrika muss kein Fotograf mehr entsandt werden, gibt es doch kostenlose PR-Fotos auf den Internetseiten von südafrikanischen Tierparks zum Download. Auch die US-Armee stellt online Material bereit – warum dann noch bildjournalistische Profis an den Ort eines Kriegsgeschehens entsenden? Hinzu kommen neue Niedrigpreismodelle von internationalen Bildanbietern. Fotos zu Preisen von unter einem Euro pro Bild oder mit monatlicher Flatrate für unbegrenzten Bilderdownload sind keine Ausnahme mehr. Große deutsche Bildagenturen versuchen bei dieser Verramschung auch noch mitzuhalten und verkaufen Bilder für 1,64 Euro, an den Bildjournalisten werden dann lediglich 82 Cent ausgeschüttet.

Die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) sind für bildjournalistisch tätige Freie ambivalent. Einerseits können sie ihre Bildbearbeitung damit automatisieren und erheblich Geld sparen, andererseits bestellen Redaktionen unter Umständen gar keine Bilder mehr, weil sie sich von einer KI-Software die Symbolbilder selbst bauen lassen.

Professionelle Bildjournalisten haben es schwer, sich dieser unkalkulierbaren Konkurrenz zu erwehren. Sie suchen sich thematische Nischen und fotografieren nur noch zu Spezialthemen, steigen in den Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit um, bauen gewerbliche Zweige wie die Hochzeits-, Porträt- und Industriefotografie aus. Einige haben auch bereits angefangen, mit KI-Expertise Geld zu verdienen, indem sie sich als „Prompt-Writer“ spezialisieren. Damit ist die Aufgabe gemeint, der KI-Software die richtigen Stichwörter zu liefern, damit sie ein Bild produziert, das den Wünschen der Redaktion entspricht.

Pressezeichnung und -cartoons
Die Karikatur bleibt trotz hoher Popularität bei den Lesenden das Stiefkind der Redaktionen. Nur in wenigen Medien werden Karikaturen regelmäßig ins Blatt genommen. Das begrenzt die Tätigkeitsfelder in diesem Bereich erheblich. Da es auch immer öfter heftige, über Social Media eskalierende Reaktionen auf die cartoon-übliche Überzeichnung von Personenmerkmalen gibt, fliegt die Karikatur sogar immer öfter aus dem Programm. So hat auch die „New York Times“ vor einiger Zeit auf die beliebte Karikatur des Tages abgesetzt, um keine weiteren Kontroversen zu riskieren.

Die Honorare orientieren sich in der Regel an den Bildhonoraren, die das jeweilige Medium zahlt. Da hier allerdings kein wirklicher Markt vorhanden ist, hängt viel von der individuellen Verhandlungsfähigkeit ab. Das durchschnittliche Monatseinkommen liegt bei rund 1.800 Euro.

Informationsgrafik
Mit der Verbilligung der Software zur Erstellung grafisch vollwertiger Darstellungen können Informationsgrafiken mittlerweile auch vom heimischen Schreibtisch aus erstellt werden. Freie werden hier vor allem in Bereichen tätig, die nicht von den großen Presseagenturen abgedeckt werden. Da die Einbindung von Bildern und Zeichnungen allerdings in vielen Redaktionen stiefmütterlich behandelt wird, ist dieser Bereich als besonders schwierig zu bewerten. Das monatliche Durchschnittseinkommen liegt bei lediglich 1.000 Euro. Auch hier mag die Spezialisierung auf die Tätigkeit als „Prompt Writer“ neue Arbeitsmöglichkeiten eröffnen.