Widdewidde wie: Pippi Langstrumpf macht sich in ihrem Lied die Welt, wie sie ihr gefällt. Ein bisschen kannst du das auch: indem du dir im Journalismus ein warmes Plätzchen suchst, es clever ausbaust und erfolgreich verteidigst. Wie das geht, erklären (für jede Branche, nicht nur die von uns Freien im Journalismus) die 5 Kräfte von Michael Porter.
Was sofort an dem Bild deutlich wird, ist, dass es nicht nur darum geht, die unmittelbaren Konkurrenten um den gleichen Auftraggeber (Kunden) auszuknocken. Meistens sind die anderen vier Kräfte, die von links und rechts, oben und unten an der Branche ziehen, wichtiger für dein Wohlergehen, als die lieben Kolleginnen und Kollegen in Schach zu halten, damit sie dir keinen Auftrag wegschnappen. Wer alle fünf Kräfte kennt und idealerweise für sich arbeiten lässt, der hat dauerhaften Erfolg und weniger Stress. Also sehen wir uns diese Kräfte an:
Power der Lieferanten:
Die Lieferanten der Verlage – das sind wir Freien. Und wer sind unsere Lieferanten? Nun ja, jeder von uns hat zum Beispiel Themenlieferanten; beim Lokalreporter ist das etwa die Bürgermeisterin und bei der Musikkritikerin sind es die Künstler und ihre Manager. Eine gute Position schaffst du dir,
- wenn die Lieferanten dich mehr brauchen als du sie,
- wenn es außer dir nur weniger oder gar keine anderen Abnehmer gibt, etwa weil du dir eine eigene Nische gesucht hast
- wenn der Lieferant nicht an dir vorbei direkt mit deinen Abnehmern Business machen kann oder das zumindest unwirtschaftlich wird
- wenn deine Leistung für den Lieferanten wichtig ist.
Beispiel: Du baust dir im Wirtschaftsjournalismus gezielt Kontakte zu Start-ups auf, die eben noch keine PR-Abteilung und keine Kontakte zu den Medien haben. Dann hast du spannende News und wenig Risiko, dass dich die Info-Lieferanten ausbooten.
Macht der Kunden:
Unser Kunde: Das ist in der Regel eine Redaktion, ein Verlag. Und beide sitzen oft am längeren Hebel. Verringern kannst du ihre Macht u.a.,
- indem du nicht nur auf einen Hauptabnehmer setzt, sondern auf ein breiteres Kundenportfolio
- indem du dir Kunden suchst, die nicht von Angeboten überschüttet werden
- und indem du auf Themen setzt, die wenig angeboten, aber stark nachgefragt werden.
Beispiel: Du suchst dir als der o.a. Wirtschaftsjournalist mehrere Kunden, die sich für Start-ups interessieren. Und du bearbeitest nicht nur die schillernden Fintechs, für die sich alle interessieren, sondern pflegst auch die Berichte über brave Themenbereiche wie Logistik oder Landwirtschaft, die sonst keiner auf dem Zettel hat.
Gefahr neuer Wettbewerber:
Am Geldverdienen hindert es dich auch, wenn laufend neue Mitbewerber kommen. Das bedeutet, dass du wahrscheinlich nur noch ein kleineres Stück vom Kuchen abbekommt. Sinkende Preise sind die wahrscheinliche Folge. Du könntest sogar Stammkunden verlieren. Dein Ziel muss also sein, dir eine Position aufzubauen, in der der Markteintritt schwer ist. Verbessern kannst du deine Situation so:
- Du schaffst dir eine Stellung, für die Wettbewerber erst Aufwand betreiben müssen.
- Du suchst dir Bereiche, in denen es auf viel Erfahrung und Know-how ankommt.
- Du sicherst dir Vertriebskanäle, an die Neue nicht so leicht rankommen.
Beispiel: Der o.a. Wirtschaftsjournalist kann sich auf Vergleiche zu den Vorjahren spezialisieren. Wer neu ins Geschäft will, kann da erst mal nicht mithalten.
Bedrohung durch Ersatzprodukte:
Was anderes außer deinen Texten und Bildern könnte einen ähnlichen Nutzen beim Abnehmer (dem Verlag) oder dm Endkunden (dem Leser) stiften? Denkbar ist natürlich KI, aber auch ein anderes Medium (Video). Oder es könnten sich im Internet Foren bilden, in denen die Informationen gratis und schneller geteilt werden, als du sie über deine klassischen Kanäle teuer vermitteln kannst. Und wenn du immer noch an der Zeitung hängst, die Leser aber längst mit VR-Brille lesen, dann ist das auch schlecht für dich. Du musst also versuchen, dir einen Platz im Markt zu verschaffen, der nicht so schnell ersetzbar wird. z.B. so:
- Du hütest dich vor austauschbaren Themen und setzt auf unverwechselbare, attraktive Inhalte.
- Du bemühst dich um Fans, die dich und niemand anderen lesen wollen.
- Du hast dein Ohr am Markt und lässt technische Neuerungen dich nicht überholen.
- Du setzt auf Inhalte, die Amateure nicht oder nicht gleichwertig liefern können.
Wettbewerbsintensität in der Branche:
So, jetzt haben wir das Umfeld beleuchtet. Aber natürlich geht es auch deine Kolleginnen, Wettbewerber, Konkurrenten. Wie geht ihr miteinander um? Kennt ihr euch, hat man Respekt? Oder versuchen einige, notfalls kostenlos ihre Beiträge loszuwerden? Konkurrierst du vielleicht gegen ungleich stärkere Wettbewerber wie z.B. die dpa? Das kannst du tun, um einen guten Platz zu finden und zu halten:
- Halte gezielt nach Bereichen in deinem Themengebiet Ausschau, wo der Wettbewerb geringer ist und am besten auch bleibt. Das sind oft die weniger Glamourösen.
- Nimm Kontakt auf mit deinen Konkurrenten und versuche eine gute Beziehung zu pflegen.
- Gehe dem direkten Wettbewerb aus dem Weg und vergiss nie: Es kann nur einen Billigsten geben, aber unendlich viele, deren höherer Preis durch Leistung wettgemacht wird.
Fazit:
Nachdem du die fünf Kräfte in deiner ganz speziellen eigenen Minibranche betrachtest hast, ist es Zeit, diese Kräfte zu bewerten: Welche Kräfte sind am stärksten? Wo lauern die größten Gefahren? Wo ist die Dynamik am größten. d.h. wo kann morgen alles ganz anders sein? Wohin solltest du dich in der Branche bewegen, um den Gegenkräften am besten gar nicht zu begegnen? Und was kannst du vielleicht sogar tun, um die Branchenstruktur zu verbessern?
➜ Hinweis: Mit den 5 Forces und wie du sie nutzen kannst beschäftigt sich auch der Beitrag „So machst du dich stark“ im Kapitel „Wie schaffe ich den Einstieg„.