Redaktionelle Bearbeitung

Der Artikel wurde ursprünglich verfasst von: Michael Hirschler

Revisionen

Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-09-06 22:02:22
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: Es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how

Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?

Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?

Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?

Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst.

Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängig Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?

Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-09-06 22:00:33
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: Es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how

Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?

Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?

Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?

Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst.

Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängige Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?

Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-09-06 21:59:41
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: Es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how

Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?

Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?

Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?

Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst.

Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängige Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?

Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-09-06 21:58:47
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: Es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how

Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?

Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?

Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?

Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst.

Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängige Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?

Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-09-06 21:57:15
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: Es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how

Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?

Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?

Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?

Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst.

Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängige Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?

Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-09-06 21:52:09
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: Es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how

Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?

Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?

Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?

Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängige Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?

Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-09-06 21:48:34
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: Es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how

Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um Deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?

Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?

Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus Deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?

Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängige Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?

Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-09-06 21:47:22
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how

Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um Deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?

Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?

Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus Deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?

Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängige Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?

Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-08-04 21:45:29
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how
Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um Deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?
Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?
Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus Deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?
Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängige Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?
Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-08-04 21:44:04
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how
Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um Deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?
Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?
Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus Deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?
Es gibt nichts herumzureden: Während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten."

Es gibt verschiedene Medien, die ihren journalistisch Zuarbeitenden PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskierst du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf, unabhängige Bericht zu erstatten, schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?
Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.d


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-08-04 21:40:11
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how
Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um Deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?
Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: Wie geht´s?
Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus Deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: Die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob du einspringen kannst, du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser – hervorragend bezahlten – Bitte wirst du dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder eine gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?
Es gibt nicht herumzureden: während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten".

Es gibt verschiedene Medien, die PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskiert du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf als unabhängige Berichterstattung schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?
Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.d


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-08-04 21:36:52
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how
Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um Deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt durch platte Werbesprüche möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?
Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich für vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von Außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: wie geht´s?
Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus Deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob Du einspringen kannst, Du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser - hervorragend bezahlten - Bitte wirst du Dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder einen gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist Du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?
Es gibt nicht herumzureden: während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten".

Es gibt verschiedene Medien, die PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskiert du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf als unabhängige Berichterstattung schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?
Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.d


Bearbeitung: Hans Werner Rodrian
Datum und Uhrzeit: 2023-08-04 21:32:11
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how
Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um Deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist selbst oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt platter Werbesprüchen möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch gut informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?
Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich für vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von Außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: wie geht´s?
Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus Deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob Du einspringen kannst, Du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser - hervorragend bezahlten - Bitte wirst du Dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder einen gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist Du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?
Es gibt nicht herumzureden: während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten".

Es gibt verschiedene Medien, die PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskiert du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf als unabhängige Berichterstattung schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?
Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.d


Bearbeitung: Michael Hirschler
Datum und Uhrzeit: 2023-07-28 16:31:34
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, unter deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how
Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um Deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und du bist selbst oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt platter Werbesprüchen möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch gut informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?
Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich für vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von Außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: wie geht´s?
Oft genug ergibt sich das Interesse an dir aus Deinen vorherigen Kontakten und deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn du viel über Segeljournalismus schreibst, hast du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob Du einspringen kannst, Du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser - hervorragend bezahlten - Bitte wirst du Dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder einen gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist Du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?
Es gibt nicht herumzureden: während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst du sehr ernst nehmen, wenn du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten".

Es gibt verschiedene Medien, die PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskiert du, dass dir die PR-Tätigkeit auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch dein Ruf als unabhängige Berichterstattung schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Was kannst du tun?
Für dich heißt diese Diskussion: Wenn du PR-Aufträge annimmst, mache dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn du diese Doppelrolle einnimmst, solltest du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn dir deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" oft ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die deinem Medium oder deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt deine Entscheidung und dein Risiko.d


Bearbeitung: Michael Hirschler
Datum und Uhrzeit: 2023-07-26 14:21:02
Inhalt der Änderung

Etwa ein Drittel der Freien im Journalismus übernimmt hin und wieder mal PR-Aufträge, unter deutlich unter zehn Prozent haben einen echten Schwerpunkt in der PR. Worum es vor allem geht: die Erstellung von Pressemitteilungen, die Aufnahme von PR-Fotos, Konzeption von Prospekten, die Planung und Durchführung von Pressekonferenzen, die Moderation einer Podiumsdiskussion auf einer Jahrestagung eines Interessenverbandes, die Erstellung redaktioneller Inhalte für die Internetseite einer Firma, eines Verbandes oder einer Behörde, die Betreuung des Social-Media-Kanals. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Festzuhalten bleibt aber auch: es gibt auch einen großen Teil von Freien, der gar keine PR macht. Du "musst" es also nicht, es bleibt Deine eigene Entscheidung.

Der USP der Freien: Journalistisches und fachliches Know-how
Warum werden gerade Freie aus dem Journalismus für PR-Aufträge herangezogen? Es geht um Deinen besonderen Unique Selling Point (USP): Du weißt, auf welche Inhalte und Stilformen Redaktionen positiv reagieren, und Du bist selbst oft genug selbst sehr gut über das Thema informiert. Du weißt es selbst: Eine Pressemitteilung aus Deiner Hand wird spritzig formuliert, ist aber auch fachlich/thematisch spitze. Und Du weißt auch, wie Geschichten erzählt werden. Viele PR-Abteilungen setzen auf diese Kompetenz, denn statt platter Werbesprüchen möchten sie ihre Produkte oder Dienstleistungen durch gut informative und unterhaltsame Texte schmackhaft machen.

Warum machen Freie PR?
Freie machen PR vor allem deswegen, weil hier hervorragend gezahlt wird. Firmen, Vereine und Behörden zahlen Honorare an Freie, die den Tagessätzen von PR-Firmen entsprechen. Dort liegen Tagessätze selten unter 1.000 Euro, für spezialisierte Dienstleistungen auch weit höher. Mit solchen Honoraren kann oder will kaum ein Medienhaus mithalten. Mit wenigen Stunden PR in der Woche können sich manche Freie ihren schlecht bezahlten Journalismus "gerade so leisten". Natürlich gibt es auch viele Freie, bei denen das Geld nur an zweiter Stelle steht. Sie interessieren sich für vielmehr für das Themengebiet und freuen sich, wenn sie von den Playern ihrer Branche angesprochen und eingesetzt werden, zumal sie dadurch auch neue (journalistische) Kontakte und Informationen gewinnen können. So wird die Reporterin über das kirchliche Leben mal eben zur temporären Pressesprecherin des Musikfestivals in ihrem Kirchenkreis. Für spätere Reportagen darf sie bei Anrufen bei Kirchenmitgliedern natürlich mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Journalistisch gesehen, kann eine solche (auch kurze) PR-Tätigkeit manchmal dazu dienen, Einblicke zu bekommen und Erkenntnisse zu sammeln, die es beim Blick von Außen einfach nicht gibt. Auf diese Weise ermöglicht die PR-Tätigkeit überraschenderweise manchmal sogar besseren Journalismus.

Vom Journalismus zur PR: wie geht´s?
Oft genug ergibt sich das Interesse an Dir aus Deinen vorherigen Kontakten und Deinen besonderen Branchenkenntnissen: Wenn Du viel über Segeljournalismus schreibst, hast Du eines Tages plötzlich die Chefetage des Verbandes der Segelschiffbranche am Telefon: die Messe ist in einer Woche, doch die PR-Verantwortlichen sind alle erkrankt, ob Du einspringen kannst, Du kennst doch die Branche und deren Probleme so gut. Dieser - hervorragend bezahlten - Bitte wirst Du Dich nur schwer verweigern können. Gleiches gilt für gesellschaftspolitisch Engagierte, wenn ein Verband plötzlich Hilfe braucht oder einen gute Moderation für eine Podiumsdiskussion sucht. Plötzlich bist Du nicht mehr "draußen", sondern Teil der PR-Maschine, und das eigentlich nur, weil Du helfen willst. Aus der einen Rolle in die andere. So ist es schon vielen ergangen - aus dem "SPIEGEL"-Redakteur wurde der Regierungssprecher des Berliner Senats, aus einem journalistischen Spezialisten für Verteidigungsfragen der Sprecher des neuen Verteidigungsministers, aus dem ZDF-Nachrichtensprecher der Regierungssprecher der Bundesregierung. Oder: Freie, die über Korruption in der Politik oder den Medien berichten, moderieren (gegen gutes Honorar) Veranstaltungen parteinaher Stiftungen oder von korruptionskritischen Verbänden, schreiben gegen Honorar in deren Publikationen. Es geht recht schnell mit der Doppelrolle.

Gefährdet PR im Nebenjob Deine journalistische Glaubwürdigkeit?
Es gibt nicht herumzureden: während Angestellte, die aus dem klassischen Journalismus komplett in eine Anstellung in der PR wechseln, nur ab und zu für diesen Seitenwechsel kritisiert werden, müssen sich Freie, die PR als Nebenjob oder zweites Standbein betreiben, dauerhaft der Kritik stellen, weil sie ja weiterhin auch den klassischen Journalismus betreiben wollen. Hier droht natürlich objektiv die Gefahr, dass die journalistische Arbeit vom PR-Job beeinflusst wird und am Ende Beiträge in seriösen Medien landen, in denen die Belange der PR-Auftraggebenden schöngefärbt werden. Diese Gefahr und den Anschein dieser Gefahr musst Du sehr ernst nehmen, wenn Du PR als Nebentätigkeit machen willst. Die Grundsatzregel sollte also mindestens sein: "Ich berichte journalistisch nicht über Themen, die etwas mit meinen PR-Auftraggebenden zu tun haben oder haben könnten".

Es gibt verschiedene Medien, die PR-Tätigkeiten generell verbieten oder jedenfalls Beiträge für Themengebiete, die Tätigkeitsfelder PR-Auftraggebender von Freien berühren. In anderen Fällen ist es eventuell nicht explizit verboten, allerdings riskiert Du, dass Dir die PR-Tätigkeit einmal auf die Füße fällt, wenn die Firma oder Institution einmal ins Gerede kommt. Das kann auch schon passieren, wenn Du für eine Behörde eine Moderation übernimmst - auch hier gefährden regelmäßige Zahlungen das Ansehen als unabhängige Quelle der Berichterstattung. Durch unüberlegte Zusammenarbeit ist auch Dein Ruf als unabhängige Berichterstattung schnell ruiniert. Das gilt erst recht, wenn der Auftrag durch eine Firma oder Institution erfolgt, die seit jeher als fragwürdig gilt.

Befasse Dich zur Vermeidung von Kritik auch mit den berufsethischen Richtlinien des Deutschen Presserates (Pressekodex) zur Abgrenzung von redaktionellem Inhalt und Werbung, außerdem dem Werbekodex des Deutschen Werberats. Beachte auch die Vorschriften, wenn es um bestimmte Berufe geht, etwa die Berufsregeln der Ärzte, die das Verbot der berufswidrigen Werbung zum Inhalt haben. Wenn Du Wertpapiere hältst, gibt es dazu Verbote in den §§ 8, 14 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO), siehe hierzu ausführlich der Presserat.

Im Übrigen ist anzuraten, die Medien und die Lesenden durch einen Hinweis im Beitrag auf mögliche bzw. scheinbare Interessenskonflikte aufmerksam zu machen. Auf diese Weise wird der Nebenjob transparent gemacht und die Lesenden können sich ihren Teil dazu denken.

Ist ein Teil der PR nicht sowieso Journalismus?
Wenn Du professionell im Journalismus arbeitest, merkst Du schnell, dass viele Medienhäuser selbst in gewisser Weise PR machen wollen: in vielen Printmedien für die ethischen oder politischen Ideale der Herausgebenden, für die gesellschaftlichen Aufgaben und Ziele der Rundfunkanstalt, die vom Gesetzgeber und von deren Gremien definiert wurden und so weiter. Der Axel-Springer-Verlag hat in seinen Verträgen für Angestellte sowie im Netz gleich fünf Werte definiert, die bei der Arbeit und Berichterstattung zu berücksichtigen sind, und auch manche Regionalzeitung verlangt in Verträgen ein schriftliches Bekenntnis, etwa zur "bürgerlich-liberalen Wirtschaftsordnung". Hinzu kommen Zeitschriften oder Online-Auftritte, die von Firmen, Verbänden oder Institutionen zu ihren Anliegen und Kernthemen herausgegeben werden, aber bewusst auf journalistisch gehaltene Inhalte setzen, damit diese Medien auch gelesen und damit die Themen wahrgenommen werden, das so genannte Corporate Publishing.

Auch viele Freie bekennen sich ganz selbstverständlich zu ihrer "Haltung" bzw. den eigenen Werten und persönlichen Zielen, seien sie gesellschaftspolitisch, kulturell oder anders gelagert. Nach völlig wertefreien Medien und Personen muss wohl mit der Lupe gesucht werden, am Ende gibt es in praktisch jedem Medium eine Menge an vorgegebenen Rahmenbedingungen und auch Zielsetzungen. Das ist (auch) einer der Gründe, warum Freie (und auch Angestellte) im Journalismus öfters nicht verstehen, warum der eine oder andere PR-Auftrag ein grundsätzliches Problem sein sollte, solange keine Schleichwerbung erfolgt: "Wertefreie Kommunikation gibt es per se nicht", könnte diese "Denke" zusammengefasst werden. Entgegengehalten werden kann ihr natürlich: "Wer ein Medium konsumiert, kennt normalerweise dessen Ausrichtung und Werte, rechnet aber nicht damit, dass deren Mitarbeitenden noch andere Verpflichtungen gegenüber Dritten haben, mit ungewisser Auswirkung auf das Medium". Was heißt: Transparenz ist das Mindeste, was für die Doppelrolle Berichterstattung und PR verlangt werden muss.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat die Tatsache, dass die journalistische Tätigkeit und die (redaktionelle) Tätigkeit in der PR bei allem rechtlichen und berufsethischen Abgrenzungsbedarf immer wieder aufeinandertreffen und ein Teil der Mitglieder auch in beiden Bereichen tätig wird, schon vor langer Zeit zum Anlass genommen, bestimmte Tätigkeiten in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit als Teil des journalistischen Berufsbilds anzusehen. Insofern können Mitarbeitende in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in bestimmten Fällen auch als journalistisch Tätige angesehen werden und Mitglieder des DJV werden oder bleiben, so der DJV.

Natürlich gibt es immer auch andere Meinungen, beispielsweise bei anderen Gewerkschaften in Europa. So sagt etwa die Journalistengewerkschaft im wallonischen Teil Belgiens, dass eine PR-Tätigkeit zur Verweigerung des Presseausweises führt, da die PR-Tätigkeit als unvereinbar mit dem journalistischen Beruf angesehen wird.

Für Dich heißt diese Diskussion: Wenn Du PR-Aufträge annimmst, mache Dir die damit zusammenhängenden Risiken bewusst, studiere die Vertragsregelungen der Medienhäuser und die Berufsregeln intensiv. Arbeite nur in Bereichen und für Firmen, über die Du anschließend nicht journalistisch berichtest, außer Du nutzt die Kenntnisse gerade dazu, um journalistisch ein "Mehr" bieten zu können. Wenn Du diese Doppelrolle einnimmst, solltest Du sie immer offenlegen, damit die Lesenden sich nicht getäuscht fühlen. Und sei nicht überrascht oder gar enttäuscht, wenn Dir Deine PR-Tätigkeit eines Tages trotz aller Bemühungen und Abgrenzungen doch auf die Füße fällt und Deinen Ruf ruiniert - einfach deswegen, weil das Publikum "draußen" ein anderes Bild von den Menschen hat, die für sie Berichterstattung machen (sollen). Oder weil Interessengruppen oder Firmen, die Deinem Medium oder Deinen PR-Auftraggebenden ohnehin kritisch gegenüber stehen, diese Doppelrolle instrumentalisieren, um Schaden anzurichten und ihre eigenen Ziele voranzutreiben. Es bleibt Deine Entscheidung und Dein Risiko.