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Datum und Uhrzeit: 2025-01-31 16:26:58
Inhalt der Änderung
"Niemand versteht irgendetwas davon" - Filmtitel einer in den französischen Medien offenbar ungeliebten Geschichte
Wenn deine Geschichte von den Medien boykottiert wird, kann das viele Gründe haben. Oft liegt es daran, dass deine Story einfach wie eine Räuberpistole klingt, also zu abenteuerlich, um wahr zu sein, oder daran, dass die Medienhäuser und auch die Rundfunkanstalt deines Vertrauens zu nah sind an den wirtschaftlich oder politisch Mächtigen, denen sie nicht schaden wollen oder dürfen. Diese traurige Wahrheit wird jedenfalls vom französischen Spitzenregisseur Yannick Kergoat verkündet, der zusammen mit der französischen Onlinezeitschrift Mediapart den Film "Niemand versteht irgendetwas" (von dieser Geschichte) produziert hat. Der Film erzählt die Geschichte einer Recherche von Mediapart, die auf den Spuren von Indizien und Whistleblowern Behauptungen nachging, nach denen der spätere französische Präsident Nicolas Sarkozy bereits in seiner Zeit als Innenminister hohe Millionenbeträge zur Finanzierung seiner politischen Karriere ausgerechnet beim libyschen Langzeitdiktator Gaddafi eingesammelt habe. Der Streifen ist jetzt im Januar 2025 in die französischen Kinos gekommen.
Nun wird zu diesem Thema natürlich zunächst von vielen sicherlich kommentiert werden, dass es sich dabei nun um ein französisches Thema handele und Frankreich für die meisten Deutschen einfach furchtbar weit weg von ihrer Lebenswirklichkeit und die französische Politik ohnehin noch einmal ein Fall für sich sei. Interessant an dieser Geschichte ist allerdings, wie eine Onlinezeitschrift ihr Recherchethema ins Kino gebracht hat - oder sogar bringen musste.
Ab mit dem Journalismus ins Kino. Foto: Hirschler
Wie der Regisseur kürzlich bei einer Diskussionsveranstaltung nach einer Vorführung seines Films betonte, hatte die Onlinezeitschrift Mediapart das Thema der Gaddafi-Zahlungen lange Zeit allein vorangetrieben. Die Folge sei gewesen, dass die Enthüllungen, als sie endlich auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief, bei den traditionellen Medien nur stiefmütterlich behandelt wurden, weil sie mit Berichten über das Thema nicht auch Mediapart erwähnen und damit Werbung für die Konkurrenz machen wollten. Denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beruhten massiv auf der Arbeit der Onlinezeitschrift. Hinzu sei die bereits erwähnte Verwicklung vieler Medien mit Sarkozy gekommen, der bei den Oligarchen des französischen Mediengeschäfts auch lange Jahre nach dem Ende der ersten Präsidentschaft immer noch gefördert wurde. Schließlich sei auch den öffentlich-rechtlichen Medien beim Thema unwohl gewesen, weil die Geschichte einfach zu unwahrscheinlich klinge und Sarkozy sich ständig mit Vehemenz gegen alle Beschuldigungen verwahrt hatte.
Engagierte Diskussion mit dem Publikum: Regisseur Yannick Kergoat hat schon viele Filmpreise abgeräumt und braucht eigentlich niemanden irgendetwas zu beweisen, doch das Thema des Films beschäftigt ihn sehr. Foto: Hirschler
Wie also das Thema noch einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen, wo doch nunmehr sogar ein Strafprozess läuft? Mediapart entschied sich, ein Crowdfunding für einen Film über die Recherche und Affäre zu organisieren. Mit Erfolg: 500.000 Euro kamen zusammen. "Natürlich konnten wir nicht alles für den Film nutzen", erklärte Regisseur Kergoat, "rund 50.000 Euro gingen drauf für die Organisation des Crowdfunding, Veranstaltungen für die Crowd und Öffentlichkeitsarbeit." 450.000 Euro blieben aber übrig, und damit waren 80 Prozent der Produktionskosten gedeckt. Vier Monate Produktionszeit - dann war der Film fertig. Allerdings ist der Kontakt zum Publikum auch kein Selbstläufer. Vielmehr muss die Vorführung in einzelnen Kinos durch die Organisation des Crowdfunding organisiert werden, oft helfen auch lokale Aktive aus Initiativen wie der Antikorruptionsbewegung AntiCor und der kapitalismuskritischen Bewegung Attac.
Der Film selbst erzählt nicht einfach nur die politischen Hintergründe der Affäre oder die Beschuldigungen, sondern schildert das Thema aus Sicht der Mediapart-Redaktion selbst, durch Interviews und Stellungnahmen der beiden zentralen Rechercheure. Hinzu tritt dann Filmmaterial mit Politikern, Verbindungs- und Geschäftsleuten sowie auch Staatsanwälten. Der Film schildert auf diese Weise nicht nur den politischen Skandal, sondern gerade auch den Umgang der übrigen Medien mit dem Thema, der unter anderem sogar eine Ablenkungsaktion "Sarkozy retten" zum Inhalt gehabt haben soll, während der ein Hauptbelastungszeuge plötzlich alle belastenden Aussagen zurückzog.
Bei der Diskussion über den Film betonte der Filmemacher auf Nachfragen, dass er bei der Produktion keinerlei Einschüchterungsversuchen ausgesetzt worden sei. Ganz im Gegenteil habe es die ganzen Jahre im Wesentlichen nur juristische Maßnahmen gegen Mediapart gegeben, die allerdings alle gescheitert seien. "Hinter mir und Mediapart steht aber eine Firma und die Crowdfunding-Organisation", betonte Kergoat. "Für einen allein arbeitenden Journalisten wäre es viel schwieriger, solche Verfahren auszuhalten." Er betonte zugleich, dass das Sarkozy-Lager nunmehr vor allem versuche, die französische Justiz zu delegitimieren und den Prozess, wenn nicht totzuschweigen, ihn dann zumindest als Instrumentalisierung der Justiz durch die aktuelle Regierung darzustellen, mit dem Ziel, Sarkozy zu zerstören. Aufgabe des Journalismus, so Kergoat, sei daher, die Affäre in das öffentliche Bewusstsein zu bringen, damit klar werde, dass sich Politik nicht kaufen lassen dürfe.
Auf Nachfrage informierte Kergoat darüber, dass es bereits eine englischsprachige Untertitelung für den Film gebe. Sofern es also im Ausland - beispielsweise in Deutschland - Interesse am Film gibt, sollten sich Interessierte an Mediapart wenden. Sicherlich eine Delikatesse für so manches Journalismusfestival im Jahr 2025.
Bearbeitung: Michael Hirschler
Datum und Uhrzeit: 2025-01-31 16:03:16
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"Niemand versteht irgendetwas davon" - Filmtitel einer in den französischen Medien offenbar ungeliebten Geschichte
Wenn deine Geschichte von den Medien boykottiert wird, kann das viele Gründe haben. Oft liegt es daran, dass deine Story einfach wie eine Räuberpistole klingt, also zu abenteuerlich, um wahr zu sein, oder daran, dass die Medienhäuser und auch die Rundfunkanstalt deines Vertrauens zu nah sind an den wirtschaftlich oder politisch Mächtigen, denen sie nicht schaden wollen oder dürfen. Diese traurige Wahrheit wird jedenfalls vom französischen Spitzenregisseur Yannick Kergoat verkündet, der zusammen mit der französischen Onlinezeitschrift Mediapart den Film "Niemand versteht irgendetwas" (von dieser Geschichte) produziert hat. Der Film erzählt die Geschichte einer Recherche von Mediapart, die auf den Spuren von Indizien und Whistleblowern Behauptungen nachging, nach denen der spätere französische Präsident Nicolas Sarkozy bereits in seiner Zeit als Innenminister hohe Millionenbeträge zur Finanzierung seiner politischen Karriere ausgerechnet beim libyschen Langzeitdiktator Gaddafi eingesammelt habe. Der Streifen ist jetzt im Januar 2025 in die französischen Kinos gekommen.
Nun wird zu diesem Thema natürlich zunächst von vielen sicherlich kommentiert werden, dass es sich dabei nun um ein französisches Thema handele und Frankreich für die meisten Deutschen einfach furchtbar weit weg von ihrer Lebenswirklichkeit und die französische Politik ohnehin noch einmal ein Fall für sich sei. Interessant an dieser Geschichte ist allerdings, wie eine Onlinezeitschrift ihr Recherchethema ins Kino gebracht hat - oder sogar bringen musste.
Ab mit dem Journalismus ins Kino. Foto: Hirschler
Wie der Regisseur kürzlich bei einer Diskussionsveranstaltung nach einer Vorführung seines Films betonte, hatte die Onlinezeitschrift Mediapart das Thema der Gaddafi-Zahlungen lange Zeit allein vorangetrieben. Die Folge sei gewesen, dass die Enthüllungen, als sie endlich auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief, bei den traditionellen Medien nur stiefmütterlich behandelt wurden, weil sie mit Berichten über das Thema nicht auch Mediapart erwähnen und damit Werbung für die Konkurrenz machen wollten. Denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beruhten massiv auf der Arbeit der Onlinezeitschrift. Hinzu sei die bereits erwähnte Verwicklung vieler Medien mit Sarkozy gekommen, der bei den Oligarchen des französischen Mediengeschäfts auch lange Jahre nach dem Ende der ersten Präsidentschaft immer noch gefördert wurde. Schließlich sei auch den öffentlich-rechtlichen Medien beim Thema unwohl gewesen, weil die Geschichte einfach zu unwahrscheinlich klinge und Sarkozy sich ständig mit Vehemenz gegen alle Beschuldigungen verwahrt hatte.
Engagierte Diskussion mit dem Publikum: Regisseur Yannick Kergoat hat schon viele Filmpreise abgeräumt und braucht eigentlich niemanden irgendetwas zu beweisen, doch das Thema des Films beschäftigt ihn sehr. Foto: Hirschler
Wie also das Thema noch einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen, wo doch nunmehr sogar ein Strafprozess läuft? Mediapart entschied sich, ein Crowdfunding für einen Film über die Recherche und Affäre zu organisieren. Mit Erfolg: 500.000 Euro kamen zusammen. "Natürlich konnten wir nicht alles für den Film nutzen", erklärte Regisseur Kergoat, "rund 50.000 Euro gingen drauf für die Organisation des Crowdfunding, Veranstaltungen für die Crowd und Öffentlichkeitsarbeit." 450.000 Euro blieben aber übrig, und damit waren 80 Prozent der Produktionskosten gedeckt. Vier Monate Produktionszeit - dann war der Film fertig. Allerdings ist der Kontakt zum Publikum auch kein Selbstläufer. Vielmehr muss die Vorführung in einzelnen Kinos durch die Organisation des Crowdfunding organisiert werden, oft helfen auch lokale Aktive aus Initiativen wie der Antikorruptionsbewegung AntiCor und der kapitalismuskritischen Bewegung Attac.
Der Film selbst erzählt nicht einfach nur die politischen Hintergründe der Affäre oder die Beschuldigungen, sondern schildert das Thema aus Sicht der Mediapart-Redaktion selbst, durch Interviews und Stellungnahmen der beiden zentralen Rechercheure. Hinzu tritt dann Filmmaterial mit Politikern, Verbindungs- und Geschäftsleuten sowie auch Staatsanwälten. Der Film schildert auf diese Weise nicht nur den politischen Skandal, sondern gerade auch den Umgang der übrigen Medien mit dem Thema, der unter anderem sogar eine Ablenkungsaktion "Sarkozy retten" zum Inhalt gehabt haben soll, während der ein Hauptbelastungszeuge plötzlich alle belastenden Aussagen zurückzog.
Bei der Diskussion über den Film betonte der Filmemacher auf Nachfragen, dass er bei der Produktion keinerlei Einschüchterungsversuchen ausgesetzt worden sei. Ganz im Gegenteil habe es die ganzen Jahre im Wesentlichen nur juristische Maßnahmen gegen Mediapart gegeben, die allerdings alle gescheitert seien. "Hinter mir und Mediapart steht aber eine Firma und die Crowdfunding-Organisation", betonte Kergoat. "Für einen allein arbeitenden Journalisten wäre es viel schwieriger, solche Verfahren auszuhalten." Er betonte zugleich, dass das Sarkozy-Lager nunmehr vor allem versuche, die französische Justiz zu delegitimieren und den Prozess, wenn nicht totzuschweigen, ihn dann zumindest als Instrumentalisierung der Justiz durch die aktuelle Regierung darzustellen, mit dem Ziel, Sarkozy zu zerstören. Aufgabe des Journalismus, so Kergoat, sei daher, die Affäre in das öffentliche Bewusstsein zu bringen, damit klar werde, dass sich Politik nicht kaufen lassen dürfe.
Auf Nachfrage informierte Kergoat darüber, dass es bereits eine englischsprachige Untertitelung für den Film gebe. Sofern es also im Ausland - beispielsweise in Deutschland - Interesse am Film gibt, sollten sich Interessierte an Mediapart wenden. Sicherlich eine Delikatesse für so manches Journalismusfestival im Jahr 2025.
Bearbeitung: Michael Hirschler
Datum und Uhrzeit: 2025-01-31 16:03:15
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"Niemand versteht irgendetwas davon" - Filmtitel einer in den französischen Medien offenbar ungeliebten Geschichte
Wenn deine Geschichte von den Medien boykottiert wird, kann das viele Gründe haben. Oft liegt es daran, dass deine Story einfach wie eine Räuberpistole klingt, also zu abenteuerlich, um wahr zu sein, oder daran, dass die Medienhäuser und auch die Rundfunkanstalt deines Vertrauens zu nah sind an den wirtschaftlich oder politisch Mächtigen, denen sie nicht schaden wollen oder dürfen. Diese traurige Wahrheit wird jedenfalls vom französischen Spitzenregisseur Yannick Kergoat verkündet, der zusammen mit der französischen Onlinezeitschrift Mediapart den Film "Niemand versteht irgendetwas" (von dieser Geschichte) produziert hat. Der Film erzählt die Geschichte einer Recherche von Mediapart, die auf den Spuren von Indizien und Whistleblowern Behauptungen nachging, nach denen der spätere französische Präsident Nicolas Sarkozy bereits in seiner Zeit als Innenminister hohe Millionenbeträge zur Finanzierung seiner politischen Karriere ausgerechnet beim libyschen Langzeitdiktator Gaddafi eingesammelt habe. Der Streifen ist jetzt im Januar 2025 in die französischen Kinos gekommen.
Nun wird zu diesem Thema natürlich zunächst von vielen sicherlich kommentiert werden, dass es sich dabei nun um ein französisches Thema handele und Frankreich für die meisten Deutschen einfach furchtbar weit weg von ihrer Lebenswirklichkeit und die französische Politik ohnehin noch einmal ein Fall für sich sei. Interessant an dieser Geschichte ist allerdings, wie eine Onlinezeitschrift ihr Recherchethema ins Kino gebracht hat - oder sogar bringen musste.
Ab mit dem Journalismus ins Kino. Foto: Hirschler
Wie der Regisseur kürzlich bei einer Diskussionsveranstaltung nach einer Vorführung seines Films betonte, hatte die Onlinezeitschrift Mediapart das Thema der Gaddafi-Zahlungen lange Zeit allein vorangetrieben. Die Folge sei gewesen, dass die Enthüllungen, als sie endlich auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief, bei den traditionellen Medien nur stiefmütterlich behandelt wurden, weil sie mit Berichten über das Thema nicht auch Mediapart erwähnen und damit Werbung für die Konkurrenz machen wollten. Denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beruhten massiv auf der Arbeit der Onlinezeitschrift. Hinzu sei die bereits erwähnte Verwicklung vieler Medien mit Sarkozy gekommen, der bei den Oligarchen des französischen Mediengeschäfts auch lange Jahre nach dem Ende der ersten Präsidentschaft immer noch gefördert wurde. Schließlich sei auch den öffentlich-rechtlichen Medien beim Thema unwohl gewesen, weil die Geschichte einfach zu unwahrscheinlich klinge und Sarkozy sich ständig mit Vehemenz gegen alle Beschuldigungen verwahrt hatte.
Engagierte Diskussion mit dem Publikum: Regisseur Yannick Kergoat hat schon viele Filmpreise abgeräumt und braucht eigentlich niemanden irgendetwas zu beweisen, doch das Thema des Films beschäftigt ihn sehr. Foto: Hirschler
Wie also das Thema noch einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen, wo doch nunmehr sogar ein Strafprozess läuft? Mediapart entschied sich, ein Crowdfunding für einen Film über die Recherche und Affäre zu organisieren. Mit Erfolg: 500.000 Euro kamen zusammen. "Natürlich konnten wir nicht alles für den Film nutzen", erklärte Regisseur Kergoat, "rund 50.000 Euro gingen drauf für die Organisation des Crowdfunding, Veranstaltungen für die Crowd und Öffentlichkeitsarbeit." 450.000 Euro blieben aber übrig, und damit waren 80 Prozent der Produktionskosten gedeckt. Vier Monate Produktionszeit - dann war der Film fertig. Allerdings ist der Kontakt zum Publikum auch kein Selbstläufer. Vielmehr muss die Vorführung in einzelnen Kinos durch die Organisation des Crowdfunding organisiert werden, oft helfen auch lokale Aktive aus Initiativen wie der Antikorruptionsbewegung AntiCor und der kapitalismuskritischen Bewegung Attac.
Der Film selbst erzählt nicht einfach nur die politischen Hintergründe der Affäre oder die Beschuldigungen, sondern schildert das Thema aus Sicht der Mediapart-Redaktion selbst, durch Interviews und Stellungnahmen der beiden zentralen Rechercheure. Hinzu tritt dann Filmmaterial mit Politikern, Verbindungs- und Geschäftsleuten sowie auch Staatsanwälten. Der Film schildert auf diese Weise nicht nur den politischen Skandal, sondern gerade auch den Umgang der übrigen Medien mit dem Thema, der unter anderem sogar eine Ablenkungsaktion "Sarkozy retten" zum Inhalt gehabt haben soll, während der ein Hauptbelastungszeuge plötzlich alle belastenden Aussagen zurückzog.
Bei der Diskussion über den Film betonte der Filmemacher auf Nachfragen, dass er bei der Produktion keinerlei Einschüchterungsversuchen ausgesetzt worden sei. Ganz im Gegenteil habe es die ganzen Jahre im Wesentlichen nur juristische Maßnahmen gegen Mediapart gegeben, die allerdings alle gescheitert seien. "Hinter mir und Mediapart steht aber eine Firma und die Crowdfunding-Organisation", betonte Kergoat. "Für einen allein arbeitenden Journalisten wäre es viel schwieriger, solche Verfahren auszuhalten." Er betonte zugleich, dass das Sarkozy-Lager nunmehr vor allem versuche, die französische Justiz zu delegitimieren und den Prozess, wenn nicht totzuschweigen, ihn dann zumindest als Instrumentalisierung der Justiz durch die aktuelle Regierung darzustellen, mit dem Ziel, Sarkozy zu zerstören. Aufgabe des Journalismus, so Kergoat, sei daher, die Affäre in das öffentliche Bewusstsein zu bringen, damit klar werde, dass sich Politik nicht kaufen lassen dürfe.
Auf Nachfrage informierte Kergoat darüber, dass es bereits eine englischsprachige Untertitelung für den Film gebe. Sofern es also im Ausland - beispielsweise in Deutschland - Interesse am Film gibt, sollten sich Interessierte an Mediapart wenden. Sicherlich eine Delikatesse für so manches Journalismusfestival im Jahr 2025.
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Datum und Uhrzeit: 2025-01-31 16:02:42
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"Niemand versteht irgendetwas davon" - Filmtitel einer in den französischen Medien offenbar ungeliebten Geschichte
Wenn deine Geschichte von den Medien boykottiert wird, kann das viele Gründe haben. Oft liegt es daran, dass deine Story einfach wie eine Räuberpistole klingt, also zu abenteuerlich, um wahr zu sein, oder daran, dass die Medienhäuser und auch die Rundfunkanstalt deines Vertrauens zu nah sind an den wirtschaftlich oder politisch Mächtigen, denen sie nicht schaden wollen oder dürfen. Diese traurige Wahrheit wird jedenfalls vom französischen Spitzenregisseur Yannick Kergoat verkündet, der zusammen mit der französischen Onlinezeitschrift Mediapart den Film "Niemand versteht irgendetwas" (von dieser Geschichte) produziert hat. Der Film erzählt die Geschichte einer Recherche von Mediapart, die auf den Spuren von Indizien und Whistleblowern Behauptungen nachging, nach denen der spätere französische Präsident Nicolas Sarkozy bereits in seiner Zeit als Innenminister hohe Millionenbeträge zur Finanzierung seiner politischen Karriere ausgerechnet beim libyschen Langzeitdiktator Gaddafi eingesammelt habe. Der Streifen ist jetzt im Januar 2025 in die französischen Kinos gekommen.
Nun wird zu diesem Thema natürlich zunächst von vielen sicherlich kommentiert werden, dass es sich dabei nun um ein französisches Thema handele und Frankreich für die meisten Deutschen einfach furchtbar weit weg von ihrer Lebenswirklichkeit und die französische Politik ohnehin noch einmal ein Fall für sich sei. Interessant an dieser Geschichte ist allerdings, wie eine Onlinezeitschrift ihr Recherchethema ins Kino gebracht hat - oder sogar bringen musste.
Ab mit dem Journalismus ins Kino. Foto: Hirschler
Wie der Regisseur kürzlich bei einer Diskussionsveranstaltung nach einer Vorführung seines Films betonte, hatte die Onlinezeitschrift Mediapart das Thema der Gaddafi-Zahlungen lange Zeit allein vorangetrieben. Die Folge sei gewesen, dass die Enthüllungen, als sie endlich auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief, bei den traditionellen Medien nur stiefmütterlich behandelt wurden, weil sie mit Berichten über das Thema nicht auch Mediapart erwähnen und damit Werbung dafür machen wollten. Denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beruhten massiv auf der Arbeit der Onlinezeitschrift. Hinzu sei die bereits erwähnte Verwicklung vieler Medien mit Sarkozy gekommen, der bei den Oligarchen des französischen Mediengeschäfts auch lange Jahre nach dem Ende der ersten Präsidentschaft immer noch gefördert wurde. Schließlich sei auch den öffentlich-rechtlichen Medien beim Thema unwohl gewesen, weil die Geschichte einfach zu unwahrscheinlich klinge und Sarkozy sich ständig mit Vehemenz gegen alle Beschuldigungen verwahrt hatte.
Engagierte Diskussion mit dem Publikum: Regisseur Yannick Kergoat hat schon viele Filmpreise abgeräumt und braucht eigentlich niemanden irgendetwas zu beweisen, doch das Thema des Films beschäftigt ihn sehr. Foto: Hirschler
Wie also das Thema noch einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen, wo doch nunmehr sogar ein Strafprozess läuft? Mediapart entschied sich, ein Crowdfunding für einen Film über die Recherche und Affäre zu organisieren. Mit Erfolg: 500.000 Euro kamen zusammen. "Natürlich konnten wir nicht alles für den Film nutzen", erklärte Regisseur Kergoat, "rund 50.000 Euro gingen drauf für die Organisation des Crowdfunding, Veranstaltungen für die Crowd und Öffentlichkeitsarbeit." 450.000 Euro blieben aber übrig, und damit waren 80 Prozent der Produktionskosten gedeckt. Vier Monate Produktionszeit - dann war der Film fertig. Allerdings ist der Kontakt zum Publikum auch kein Selbstläufer. Vielmehr muss die Vorführung in einzelnen Kinos durch die Organisation des Crowdfunding organisiert werden, oft helfen auch lokale Aktive aus Initiativen wie der Antikorruptionsbewegung AntiCor und der kapitalismuskritischen Bewegung Attac.
Der Film selbst erzählt nicht einfach nur die politischen Hintergründe der Affäre oder die Beschuldigungen, sondern schildert das Thema aus Sicht der Mediapart-Redaktion selbst, durch Interviews und Stellungnahmen der beiden zentralen Rechercheure. Hinzu tritt dann Filmmaterial mit Politikern, Verbindungs- und Geschäftsleuten sowie auch Staatsanwälten. Der Film schildert auf diese Weise nicht nur den politischen Skandal, sondern gerade auch den Umgang der übrigen Medien mit dem Thema, der unter anderem sogar eine Ablenkungsaktion "Sarkozy retten" zum Inhalt gehabt haben soll, während der ein Hauptbelastungszeuge plötzlich alle belastenden Aussagen zurückzog.
Bei der Diskussion über den Film betonte der Filmemacher auf Nachfragen, dass er bei der Produktion keinerlei Einschüchterungsversuchen ausgesetzt worden sei. Ganz im Gegenteil habe es die ganzen Jahre im Wesentlichen nur juristische Maßnahmen gegen Mediapart gegeben, die allerdings alle gescheitert seien. "Hinter mir und Mediapart steht aber eine Firma und die Crowdfunding-Organisation", betonte Kergoat. "Für einen allein arbeitenden Journalisten wäre es viel schwieriger, solche Verfahren auszuhalten." Er betonte zugleich, dass das Sarkozy-Lager nunmehr vor allem versuche, die französische Justiz zu delegitimieren und den Prozess, wenn nicht totzuschweigen, ihn dann zumindest als Instrumentalisierung der Justiz durch die aktuelle Regierung darzustellen, mit dem Ziel, Sarkozy zu zerstören. Aufgabe des Journalismus, so Kergoat, sei daher, die Affäre in das öffentliche Bewusstsein zu bringen, damit klar werde, dass sich Politik nicht kaufen lassen dürfe.
Auf Nachfrage informierte Kergoat darüber, dass es bereits eine englischsprachige Untertitelung für den Film gebe. Sofern es also im Ausland - beispielsweise in Deutschland - Interesse am Film gibt, sollten sich Interessierte an Mediapart wenden. Sicherlich eine Delikatesse für so manches Journalismusfestival im Jahr 2025.
Bearbeitung: Michael Hirschler
Datum und Uhrzeit: 2025-01-31 16:02:40
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"Niemand versteht irgendetwas davon" - Filmtitel einer in den französischen Medien offenbar ungeliebten Geschichte
Wenn deine Geschichte von den Medien boykottiert wird, kann das viele Gründe haben. Oft liegt es daran, dass deine Story einfach wie eine Räuberpistole klingt, also zu abenteuerlich, um wahr zu sein, oder daran, dass die Medienhäuser und auch die Rundfunkanstalt deines Vertrauens zu nah sind an den wirtschaftlich oder politisch Mächtigen, denen sie nicht schaden wollen oder dürfen. Diese traurige Wahrheit wird jedenfalls vom französischen Spitzenregisseur Yannick Kergoat verkündet, der zusammen mit der französischen Onlinezeitschrift Mediapart den Film "Niemand versteht irgendetwas" (von dieser Geschichte) produziert hat. Der Film erzählt die Geschichte einer Recherche von Mediapart, die auf den Spuren von Indizien und Whistleblowern Behauptungen nachging, nach denen der spätere französische Präsident Nicolas Sarkozy bereits in seiner Zeit als Innenminister hohe Millionenbeträge zur Finanzierung seiner politischen Karriere ausgerechnet beim libyschen Langzeitdiktator Gaddafi eingesammelt habe. Der Streifen ist jetzt im Januar 2025 in die französischen Kinos gekommen.
Nun wird zu diesem Thema natürlich zunächst von vielen sicherlich kommentiert werden, dass es sich dabei nun um ein französisches Thema handele und Frankreich für die meisten Deutschen einfach furchtbar weit weg von ihrer Lebenswirklichkeit und die französische Politik ohnehin noch einmal ein Fall für sich sei. Interessant an dieser Geschichte ist allerdings, wie eine Onlinezeitschrift ihr Recherchethema ins Kino gebracht hat - oder sogar bringen musste.
Ab mit dem Journalismus ins Kino. Foto: Hirschler
Wie der Regisseur kürzlich bei einer Diskussionsveranstaltung nach einer Vorführung seines Films betonte, hatte die Onlinezeitschrift Mediapart das Thema der Gaddafi-Zahlungen lange Zeit allein vorangetrieben. Die Folge sei gewesen, dass die Enthüllungen, als sie endlich auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief, bei den traditionellen Medien nur stiefmütterlich behandelt wurden, weil sie mit Berichten über das Thema nicht auch Mediapart erwähnen und damit Werbung dafür machen wollten. Denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beruhten massiv auf der Arbeit der Onlinezeitschrift. Hinzu sei die bereits erwähnte Verwicklung vieler Medien mit Sarkozy gekommen, der bei den Oligarchen des französischen Mediengeschäfts auch lange Jahre nach dem Ende der ersten Präsidentschaft immer noch gefördert wurde. Schließlich sei auch den öffentlich-rechtlichen Medien beim Thema unwohl gewesen, weil die Geschichte einfach zu unwahrscheinlich klinge und Sarkozy sich ständig mit Vehemenz gegen alle Beschuldigungen verwahrt hatte.
Engagierte Diskussion mit dem Publikum: Regisseur Yannick Kergoat hat schon viele Filmpreise abgeräumt und braucht eigentlich niemanden irgendetwas zu beweisen, doch das Thema des Films beschäftigt ihn sehr. Foto: Hirschler
Wie also das Thema noch einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen, wo doch nunmehr sogar ein Strafprozess läuft? Mediapart entschied sich, ein Crowdfunding für einen Film über die Recherche und Affäre zu organisieren. Mit Erfolg: 500.000 Euro kamen zusammen. "Natürlich konnten wir nicht alles für den Film nutzen", erklärte Regisseur Kergoat, "rund 50.000 Euro gingen drauf für die Organisation des Crowdfunding, Veranstaltungen für die Crowd und Öffentlichkeitsarbeit." 450.000 Euro blieben aber übrig, und damit waren 80 Prozent der Produktionskosten gedeckt. Vier Monate Produktionszeit - dann war der Film fertig. Allerdings ist der Kontakt zum Publikum auch kein Selbstläufer. Vielmehr muss die Vorführung in einzelnen Kinos durch die Organisation des Crowdfunding organisiert werden, oft helfen auch lokale Aktive aus Initiativen wie der Antikorruptionsbewegung AntiCor und der kapitalismuskritischen Bewegung Attac.
Der Film selbst erzählt nicht einfach nur die politischen Hintergründe der Affäre oder die Beschuldigungen, sondern schildert das Thema aus Sicht der Mediapart-Redaktion selbst, durch Interviews und Stellungnahmen der beiden zentralen Rechercheure. Hinzu tritt dann Filmmaterial mit Politikern, Verbindungs- und Geschäftsleuten sowie auch Staatsanwälten. Der Film schildert auf diese Weise nicht nur den politischen Skandal, sondern gerade auch den Umgang der übrigen Medien mit dem Thema, der unter anderem sogar eine Ablenkungsaktion "Sarkozy retten" zum Inhalt gehabt haben soll, während der ein Hauptbelastungszeuge plötzlich alle belastenden Aussagen zurückzog.
Bei der Diskussion über den Film betonte der Filmemacher auf Nachfragen, dass er bei der Produktion keinerlei Einschüchterungsversuchen ausgesetzt worden sei. Ganz im Gegenteil habe es die ganzen Jahre im Wesentlichen nur juristische Maßnahmen gegen Mediapart gegeben, die allerdings alle gescheitert seien. "Hinter mir und Mediapart steht aber eine Firma und die Crowdfunding-Organisation", betonte Kergoat. "Für einen allein arbeitenden Journalisten wäre es viel schwieriger, solche Verfahren auszuhalten." Er betonte zugleich, dass das Sarkozy-Lager nunmehr vor allem versuche, die französische Justiz zu delegitimieren und den Prozess, wenn nicht totzuschweigen, ihn dann zumindest als Instrumentalisierung der Justiz durch die aktuelle Regierung darzustellen, mit dem Ziel, Sarkozy zu zerstören. Aufgabe des Journalismus, so Kergoat, sei daher, die Affäre in das öffentliche Bewusstsein zu bringen, damit klar werde, dass sich Politik nicht kaufen lassen dürfe.
Auf Nachfrage informierte Kergoat darüber, dass es bereits eine englischsprachige Untertitelung für den Film gebe. Sofern es also im Ausland - beispielsweise in Deutschland - Interesse am Film gibt, sollten sich Interessierte an Mediapart wenden. Sicherlich eine Delikatesse für so manches Journalismusfestival im Jahr 2025.
Bearbeitung: Michael Hirschler
Datum und Uhrzeit: 2025-01-31 16:00:25
Inhalt der Änderung
"Niemand versteht irgendetwas davon" - Filmtitel einer in den französischen Medien offenbar ungeliebten Geschichte
Wenn deine Geschichte von den Medien boykottiert wird, kann das viele Gründe haben. Oft liegt es daran, dass deine Story einfach wie eine Räuberpistole klingt, also zu abenteuerlich, um wahr zu sein, oder daran, dass die Medienhäuser und auch die Rundfunkanstalt deines Vertrauens zu nah sind an den wirtschaftlich oder politisch Mächtigen, denen sie nicht schaden wollen oder dürfen. Diese traurige Wahrheit wird jedenfalls vom französischen Spitzenregisseur Yannick Kergoat verkündet, der zusammen mit der französischen Onlinezeitschrift Mediapart den Film "Niemand versteht irgendetwas" (von dieser Geschichte) produziert hat. Der Film erzählt die Geschichte einer Recherche von Mediapart, die auf den Spuren von Indizien und Whistleblowern Behauptungen nachging, nach denen der spätere französische Präsident Nicolas Sarkozy bereits in seiner Zeit als Innenminister hohe Millionenbeträge zur Finanzierung seiner politischen Karriere ausgerechnet beim libyschen Langzeitdiktator Gaddafi eingesammelt habe. Der Streifen ist jetzt im Januar 2025 in die französischen Kinos gekommen.
Nun wird zu diesem Thema natürlich zunächst zu kommentieren sein, dass es sich dabei nun um ein französisches Thema handele und Frankreich für die meisten Deutschen einfach furchtbar weit weg von ihrer Lebenswirklichkeit und die französische Politik ohnehin noch einmal ein Fall für sich sei. Interessant an dieser Geschichte ist allerdings, wie eine Onlinezeitschrift ihr Recherchethema ins Kino gebracht hat - oder sogar bringen musste.
Ab mit dem Journalismus ins Kino. Foto: Hirschler
Wie der Regisseur kürzlich bei einer Diskussionsveranstaltung nach einer Vorführung seines Films betonte, hatte die Onlinezeitschrift Mediapart das Thema der Gaddafi-Zahlungen lange Zeit allein vorangetrieben. Die Folge sei gewesen, dass die Enthüllungen, als sie endlich auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief, bei den traditionellen Medien nur stiefmütterlich behandelt wurden, weil sie mit Berichten über das Thema nicht auch Mediapart erwähnen und damit Werbung dafür machen wollten. Denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beruhten massiv auf der Arbeit der Onlinezeitschrift. Hinzu sei die bereits erwähnte Verwicklung vieler Medien mit Sarkozy gekommen, der bei den Oligarchen des französischen Mediengeschäfts auch lange Jahre nach dem Ende der ersten Präsidentschaft immer noch gefördert wurde. Schließlich sei auch den öffentlich-rechtlichen Medien beim Thema unwohl gewesen, weil die Geschichte einfach zu unwahrscheinlich klinge und Sarkozy sich ständig mit Vehemenz gegen alle Beschuldigungen verwahrt hatte.
Engagierte Diskussion mit dem Publikum: Regisseur Yannick Kergoat hat schon viele Filmpreise abgeräumt und braucht eigentlich niemanden irgendetwas zu beweisen, doch das Thema des Films beschäftigt ihn sehr. Foto: Hirschler
Wie also das Thema noch einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen, wo doch nunmehr sogar ein Strafprozess läuft? Mediapart entschied sich, ein Crowdfunding für einen Film über die Recherche und Affäre zu organisieren. Mit Erfolg: 500.000 Euro kamen zusammen. "Natürlich konnten wir nicht alles für den Film nutzen", erklärte Regisseur Kergoat, "rund 50.000 Euro gingen drauf für die Organisation des Crowdfunding, Veranstaltungen für die Crowd und Öffentlichkeitsarbeit." 450.000 Euro blieben aber übrig, und damit waren 80 Prozent der Produktionskosten gedeckt. Vier Monate Produktionszeit - dann war der Film fertig. Allerdings ist der Kontakt zum Publikum auch kein Selbstläufer. Vielmehr muss die Vorführung in einzelnen Kinos durch die Organisation des Crowdfunding organisiert werden, oft helfen auch lokale Aktive aus Initiativen wie der Antikorruptionsbewegung AntiCor und der kapitalismuskritischen Bewegung Attac.
Der Film selbst erzählt nicht einfach nur die politischen Hintergründe der Affäre oder die Beschuldigungen, sondern schildert das Thema aus Sicht der Mediapart-Redaktion selbst, durch Interviews und Stellungnahmen der beiden zentralen Rechercheure. Hinzu tritt dann Filmmaterial mit Politikern, Verbindungs- und Geschäftsleuten sowie auch Staatsanwälten. Der Film schildert auf diese Weise nicht nur den politischen Skandal, sondern gerade auch den Umgang der übrigen Medien mit dem Thema, der unter anderem sogar eine Ablenkungsaktion "Sarkozy retten" zum Inhalt gehabt haben soll, während der ein Hauptbelastungszeuge plötzlich alle belastenden Aussagen zurückzog.
Bei der Diskussion über den Film betonte der Filmemacher auf Nachfragen, dass er bei der Produktion keinerlei Einschüchterungsversuchen ausgesetzt worden sei. Ganz im Gegenteil habe es die ganzen Jahre im Wesentlichen nur juristische Maßnahmen gegen Mediapart gegeben, die allerdings alle gescheitert seien. "Hinter mir und Mediapart steht aber eine Firma und die Crowdfunding-Organisation", betonte Kergoat. "Für einen allein arbeitenden Journalisten wäre es viel schwieriger, solche Verfahren auszuhalten." Er betonte zugleich, dass das Sarkozy-Lager nunmehr vor allem versuche, die französische Justiz zu delegitimieren und den Prozess, wenn nicht totzuschweigen, ihn dann zumindest als Instrumentalisierung der Justiz durch die aktuelle Regierung darzustellen, mit dem Ziel, Sarkozy zu zerstören. Aufgabe des Journalismus, so Kergoat, sei daher, die Affäre in das öffentliche Bewusstsein zu bringen, damit klar werde, dass sich Politik nicht kaufen lassen dürfe.
Auf Nachfrage informierte Kergoat darüber, dass es bereits eine englischsprachige Untertitelung für den Film gebe. Sofern es also im Ausland - beispielsweise in Deutschland - Interesse am Film gibt, sollten sich Interessierte an Mediapart wenden. Sicherlich eine Delikatesse für so manches Journalismusfestival im Jahr 2025.
Bearbeitung: Michael Hirschler
Datum und Uhrzeit: 2025-01-31 16:00:24
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"Niemand versteht irgendetwas davon" - Filmtitel einer in den französischen Medien offenbar ungeliebten Geschichte
Wenn deine Geschichte von den Medien boykottiert wird, kann das viele Gründe haben. Oft liegt es daran, dass deine Story einfach wie eine Räuberpistole klingt, also zu abenteuerlich, um wahr zu sein, oder daran, dass die Medienhäuser und auch die Rundfunkanstalt deines Vertrauens zu nah sind an den wirtschaftlich oder politisch Mächtigen, denen sie nicht schaden wollen oder dürfen. Diese traurige Wahrheit wird jedenfalls vom französischen Spitzenregisseur Yannick Kergoat verkündet, der zusammen mit der französischen Onlinezeitschrift Mediapart den Film "Niemand versteht irgendetwas" (von dieser Geschichte) produziert hat. Der Film erzählt die Geschichte einer Recherche von Mediapart, die auf den Spuren von Indizien und Whistleblowern Behauptungen nachging, nach denen der spätere französische Präsident Nicolas Sarkozy bereits in seiner Zeit als Innenminister hohe Millionenbeträge zur Finanzierung seiner politischen Karriere ausgerechnet beim libyschen Langzeitdiktator Gaddafi eingesammelt habe. Der Streifen ist jetzt im Januar 2025 in die französischen Kinos gekommen.
Nun wird zu diesem Thema natürlich zunächst zu kommentieren sein, dass es sich dabei nun um ein französisches Thema handele und Frankreich für die meisten Deutschen einfach furchtbar weit weg von ihrer Lebenswirklichkeit und die französische Politik ohnehin noch einmal ein Fall für sich sei. Interessant an dieser Geschichte ist allerdings, wie eine Onlinezeitschrift ihr Recherchethema ins Kino gebracht hat - oder sogar bringen musste.
Ab mit dem Journalismus ins Kino. Foto: Hirschler
Wie der Regisseur kürzlich bei einer Diskussionsveranstaltung nach einer Vorführung seines Films betonte, hatte die Onlinezeitschrift Mediapart das Thema der Gaddafi-Zahlungen lange Zeit allein vorangetrieben. Die Folge sei gewesen, dass die Enthüllungen, als sie endlich auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief, bei den traditionellen Medien nur stiefmütterlich behandelt wurden, weil sie mit Berichten über das Thema nicht auch Mediapart erwähnen und damit Werbung dafür machen wollten. Denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beruhten massiv auf der Arbeit der Onlinezeitschrift. Hinzu sei die bereits erwähnte Verwicklung vieler Medien mit Sarkozy gekommen, der bei den Oligarchen des französischen Mediengeschäfts auch lange Jahre nach dem Ende der ersten Präsidentschaft immer noch gefördert wurde. Schließlich sei auch den öffentlich-rechtlichen Medien beim Thema unwohl gewesen, weil die Geschichte einfach zu unwahrscheinlich klinge und Sarkozy sich ständig mit Vehemenz gegen alle Beschuldigungen verwahrt hatte.
Engagierte Diskussion mit dem Publikum: Regisseur Yannick Kergoat hat schon viele Filmpreise abgeräumt und braucht eigentlich niemanden irgendetwas zu beweisen, doch das Thema des Films beschäftigt ihn sehr. Foto: Hirschler
Wie also das Thema noch einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen, wo doch nunmehr sogar ein Strafprozess läuft? Mediapart entschied sich, ein Crowdfunding für einen Film über die Recherche und Affäre zu organisieren. Mit Erfolg: 500.000 Euro kamen zusammen. "Natürlich konnten wir nicht alles für den Film nutzen", erklärte Regisseur Kergoat, "rund 50.000 Euro gingen drauf für die Organisation des Crowdfunding, Veranstaltungen für die Crowd und Öffentlichkeitsarbeit." 450.000 Euro blieben aber übrig, und damit waren 80 Prozent der Produktionskosten gedeckt. Vier Monate Produktionszeit - dann war der Film fertig. Allerdings ist der Kontakt zum Publikum auch kein Selbstläufer. Vielmehr muss die Vorführung in einzelnen Kinos durch die Organisation des Crowdfunding organisiert werden, oft helfen auch lokale Aktive aus Initiativen wie der Antikorruptionsbewegung AntiCor und der kapitalismuskritischen Bewegung Attac.
Der Film selbst erzählt nicht einfach nur die politischen Hintergründe der Affäre oder die Beschuldigungen, sondern schildert das Thema aus Sicht der Mediapart-Redaktion selbst, durch Interviews und Stellungnahmen der beiden zentralen Rechercheure. Hinzu tritt dann Filmmaterial mit Politikern, Verbindungs- und Geschäftsleuten sowie auch Staatsanwälten. Der Film schildert auf diese Weise nicht nur den politischen Skandal, sondern gerade auch den Umgang der übrigen Medien mit dem Thema, der unter anderem sogar eine Ablenkungsaktion "Sarkozy retten" zum Inhalt gehabt haben soll, während der ein Hauptbelastungszeuge plötzlich alle belastenden Aussagen zurückzog.
Bei der Diskussion über den Film betonte der Filmemacher auf Nachfragen, dass er bei der Produktion keinerlei Einschüchterungsversuchen ausgesetzt worden sei. Ganz im Gegenteil habe es die ganzen Jahre im Wesentlichen nur juristische Maßnahmen gegen Mediapart gegeben, die allerdings alle gescheitert seien. "Hinter mir und Mediapart steht aber eine Firma und die Crowdfunding-Organisation", betonte Kergoat. "Für einen allein arbeitenden Journalisten wäre es viel schwieriger, solche Verfahren auszuhalten." Er betonte zugleich, dass das Sarkozy-Lager nunmehr vor allem versuche, die französische Justiz zu delegitimieren und den Prozess, wenn nicht totzuschweigen, ihn dann zumindest als Instrumentalisierung der Justiz durch die aktuelle Regierung darzustellen, mit dem Ziel, Sarkozy zu zerstören. Aufgabe des Journalismus, so Kergoat, sei daher, die Affäre in das öffentliche Bewusstsein zu bringen, damit klar werde, dass sich Politik nicht kaufen lassen dürfe.
Auf Nachfrage informierte Kergoat darüber, dass es bereits eine englischsprachige Untertitelung für den Film gebe. Sofern es also im Ausland - beispielsweise in Deutschland - Interesse am Film gibt, sollten sich Interessierte an Mediapart wenden. Sicherlich eine Delikatesse für so manches Journalismusfestival im Jahr 2025.