Zu den Ausgaben, die du finanziell immer einplanen musst, gehört auch Geld fürs Alters zur Seite zu legen. Hast du schon eine Altersvorsorge? Hast du dafür einen Plan? Das ist leider nicht die Regel bei uns Freien. Altersvorsorge ist halt ein ungeliebtes Thema. Zumal die wenigsten von uns finanziell auf Rosen gebettet sind. Wie können da Rücklagen angespart werden? Aber hier kommt die gute Nachricht: Es geht doch. Du musst dich davor allerdings schon selber in den Hintern treten, außer dir (und vielleicht deinem Partner) tut es keiner.
Ich mach den Renten-Check
Wieviel bekommst du später mal, wenn du es wie bisher laufen lässt und nichts änderst? Das kannst und solltest du checken. Du bist ja in der Künstlersozialkasse. Und vielleicht hast du einen Partner oder eine Partnerin, die in eine Rentenversicherung einzahlt. Und vielleicht warst du mal angestellt und hast auch mal was in die Presse-Versorgung (Versorgungswerk der Presse GmbH) eingezahlt?
Gib dir einen Ruck und rechne es dir aus. Noch besser: Du kannst es dir ausrechnen lassen. Fordere dazu bei der Deutschen Rentenversicherung deine Rentenauskunft an. Und den Rentenverlauf gleich dazu; da kannst du dann gleich sehen, ob alle Beitrags- und Anrechnungszeiten erfasst sind.
Wenn du dir unklar bist, dann schreibe dir deine Unklarheiten auf und mach weiter. Und wenn du mit dem Check durch bist, dann vereinbare mit der Rentenversicherung einen kostenlosen Beratungstermin.
Am Ende solltest du eine klare Vorstellung davon haben, wie viel du bekommst, wenn du mit 65 oder 67 nicht mehr kannst oder auch nicht mehr magst. Und wenn du jetzt zusammen zuckst, weil man davon nicht leben kann, dann ahnst du nicht nur, sondern du weißt, dass du etwas tun musst.
Was kann ich gleich und sofort tun?
Das erste, was du tun kannst und solltest, ist, bei der Künstlersozialkasse ehrlich zu sein. Wenn du dich notorisch zu niedrig einschätzt, sparst du zwar ein paar Euro an Beiträgen, aber bekommst auch weniger Krankengeld, Erwerbsminderungsrente, Altersrente. Alles Leistungen, für die du bei Versicherungen viel mehr bezahlen müsstest. Du hast dich also am Ende ins eigene Bein geschossen.
Wenn du die 50 überschritten hast, dann solltest du dir den Zuschuss des Autorenversorgungswerks abholen. Das Autorenversorgungswerk ist ein Teil der VG Wort und zahlt dir als Wahrnehmungsberechtigtem einmalig bis zu 10.000 Euro Zuschuss zur Altersversorgung. Leider nicht einfach so, sondern nur, wenn du auch selbst zusätzlich zur Rentenversicherungspflicht eine freiwillige Altersversorgung über mindestens 5000 Euro abschließt. Um die ganzen 10.000 Euro zu bekommen, musst du sogar 20.000 Euro extra in deine Altersversorgung investieren. Das muss aber nicht auf einmal geschehen, ein Sparplan tut’s auch. Der Zuschuss ist auch für Wahrnehmungsberechtigte möglich, die schon Rente beziehen, aber noch arbeiten. Detailinfos kannst du unter avw@@vgwort.de abrufen.
Ob Riester- oder Rürup-Rente etwas für dich sind, solltest du erst nach einem wirklich genaueren Blick entscheiden. Dabei kommt es auch sehr auf deine konkrete steuerliche Situation an, ob sie dir etwas bringen. Viele ältere Menschen sind heute frustriert, weil sie nach sehr vielen Jahren Einzahlung nur sehr wenig bekommen. Kurz gesagt, musst du mindestens (noch mal) 65 Euro in einen Sparplan einzahlen und bekommst dann einen Aufschlag auf die Rente, der in der Praxis selten viel höher ist als der monatliche Einzahlungsbetrag. Die Sinnhaftigkeit für dich abzuschätzen können dir die Verbraucherzentralen oder deine Steuerberatung helfen; das ist nicht kostenlos, aber im Gegensatz zu den meisten Finanzberatungen wirklich unabhängig.
Und was ist all das andere, das mir ständig angeboten wird?
Die private Altersvorsorge ist eigentlich nur ein anderes Wort für eine Geldanlage. Und zwar eine sehr langfristige. Das macht es schwierig: Du zahlst viele Jahre und bekommst erst nach sehr langer Zeit mit, ob du dich richtig entschieden hast. Es ist eben nicht wie im Restaurant, dessen Leitung es sofort mit dem Unmut seiner Kundschaft zu tun bekommt, wenn das Schnitzel, das verkauft wurde, hart ist.
Und während Angestellte oder Personen im Beamtenverhältnis bei der Altersvorsorge nicht viel zu entscheiden haben, sind wir als freiberuflich Tätige irgendwelchen Finanzhaien ausgeliefert und fühlen uns auch so. Aber wir müssen uns nicht ausnehmen lassen wie eine Weihnachtsgans. Hier sind ein paar Tipps:
Was sollte ich bei der privaten Altersvorsorge beachten?
1. Keep it simple
Komplizierte Produkte dreht uns die Industrie nur an, damit wir nicht merken, welcher Mist das ist. Altersvorsorge sollte einfach sein, Wenn etwas einfach ist, dann machen wir das auch. Nur wenn es kompliziert ist, fangen wir an zu schieben.
2. Versichern und Sparen getrennt denken.
Wenn verstanden wird, dass Versichern und Sparen getrennt geplant werden sollte, dann ist das ein Riesenschritt nach vorn. Versicherungen machen vor allem bei Risiken Sinn, die schon morgen sehr überraschend eintreten können, wie Krankheit, Berufsunfähigkeit, Unfall. Für die Wahl einer Versicherung als Altersvorsorge sollte dagegen kritischer hingeschaut werden: Dafür kann beispielsweise sprechen, wenn du für deinen Versicherungsvertrag einen Zuschuss von der Rundfunkanstalt oder Produktionsgesellschaft bekommst, und/oder wenn du durch diesen Vertrag Steuervorteile hast, die eine spätere Versteuerung im Alter und eventuelle Krankenkassenbeiträge aufwiegen. Das kann abhängig von deinem Einkommen im Fall einer Rürup-, Riester- oder Direktversicherung sinnvoll sein (eine Direktversicherung ist bei manchen Rundfunkanstalten auch für Freie möglich, oder du regelst das mit deiner Firma, bei der du fest arbeitest, individuell).
In jedem Falle gilt: Versicherungen sind nur eine von vielen Möglichkeiten, für das Alter zu sparen. Was sinnvoll für dich sein kann, ist alles sehr individuell beurteilen: Schau dir daher in Ruhe und sehr gründlich alle in Frage kommenden Möglichkeiten zur Altersvorsorge an.
3. Nicht alles auf Endalter 67 planen
Wenn du Geld anlegst, dann tust du das fast immer mit einem Horizont: Irgendwann willst du dein Geld (und möglichst viele Zinsen) wieder zurück. Aber wenn dein Renteneintrittsalter 67 ist, brauchst du nicht alles am Tag des Renteneintritts. Du willst ja auch noch was mit 77. Damit ist noch mehr Zeit und damit wirkt der Zinseszinseffekt länger. Dem müssen wir nur Zeit geben und dann wird auch aus kleinem Geld ein tolles Alterseinkommen.
4. Die Alternativen abwägen
Wenn du dich dann für eine Geldanlage zur Altersvorsorge entscheidest, dann muss nach Abzug der Inflation noch ein positiver Rest bleiben. Und damit fallen leider viele Alterssicherungsprodukte bei kritischer Betrachtung raus.
Was gibt es sonst? Da wirst du um etwas Eigenrecherche nicht herumkommen. Ein Tipp für einen Recherchestart sind die Stiftung Warentest und ihre (gebührenpflichtige) Webseite test.de. Die 3,50 Euro für einen Monat Recherche sind gut angelegt. Unter dem Stichwort „Pantoffel-Portfolio“ hat die Stiftung Warentest seit 2013 ein simples Anlagekonzept erfunden und immer weiter optimiert. Ob es für die Zukunft so gut funktioniert wie bisher, kann natürlich niemand garantieren. Aber du kannst dir wenigstens sicher sein, dass die Stiftung Warentest das Beste für dich will und nicht nur dein Geld wie viele selbsternannte Finanzberatungen.
Hilfe, ich bin schon zu alt!
Was tun, wenn du schon Mitte 40 ist oder vielleicht bereits 60 Jahre alt? O Gott, ist dann bereits alles verloren? Nein, sagt der Ludwigshafener Professor Hartmut Walz im Interview mit dem Freien-Podcast (https://freienpodcast.letscast.fm/): Heikel, meint er, ist es nur, wenn wir Geld anlegen, das wir schnell wieder brauchen. Weil wir z.B. in drei Jahren ein Haus bauen wollen oder so. Geld, das wir erst nach zehn oder zwölf Jahren wieder brauchen, können wir auch als 60-Jährige noch gut anlegen. Denn wir brauchen ja nicht alles mit dem Renteneintrittsalter 67, siehe oben. Wer bereits dicht vor der Rente steht, dem empfiehlt Walz, „ein kleines Liquiditätspolster aufzubauen“.
Die gesunde Mischung macht’s (vielleicht)
Am Ende fährst du vielleicht auch ganz gut mit einer Mischung von Anlageformen: Die Verbraucherzentrale Bayern empfiehlt beispielsweise abhängig davon, welche Verluste des angelegten Geldes (durch Kurseinbruch) verkraftet werden könnte, die Anlage von 20 bis sogar 100 Prozent der Eigenmittel in ETF-Aktien (allerdings warnt sie zugleich davor, einfach irgendwelche ETF zu kaufen, weil „viele“ ETF gar nicht zur Altersvorsorge geeignet seien). Und im Alter dann langsam die Aktien abzuschmelzen. Eine verbreitete Regel dazu heißt: Die Aktienquote darf 100 minus Alter sein. Aber je stabiler deine sonstigen Verhältnisse sind, umso offensiver darfst du anlegen. Stabilisiert werden Lebensverhältnisse u.a. mit einer verbeamteten Person in der Lebenspartnerschaft, mit einer eigenen Wohnung und mit weiteren sicheren Einkommensquellen.
Natürlich sind das nur einige Ideen für deine Altersvorsorge. Auch die Verbraucherzentralen können sich irren und haften für nichts. Vielleicht ist für Dich auch viel sinnvoller der Kauf einer gerade sehr günstigen Wohnung, die im Alter bei Liquiditätsmangel oder beim Umzug ins Altersheim wieder verkauft wird.
Die Frage ist auch, ob du die Anlage-Entscheidung für (ETF-)Fonds oder andere Anlageformen tatsächlich alleine treffen willst, denn den Überblick über die Marktlage und Anlageformen ist keine einfache Sache, außer vielleicht, du arbeitest selbst im Finanzjournalismus. Vielleicht lässt doch lieber andere für dich entscheiden, die es normalerweise professioneller angehen, weil sie viel mehr Zeit und Personal für die Analyse der Finanzmärkte haben, für dich dein Geld anlegen, also das Management von Fonds, Banken oder Versicherungen. Denn auch diese nutzen natürlich alle denkbaren Anlageformen, darunter unter Umständen auch die genannten ETF-Aktien, allerdings diversifizieren sie hier die Risiken wiederum professionell – oder sollten es zumindest tun.
Was aber natürlich wiederum einiges an Verwaltungskosten für diese Dienstleistung bedeutet, denn einen „kostenlosen Lunch“ gibt es bekanntlich nicht. Diese solltest du dir wiederum genau anschauen. Kosten fallen allerdings auch beim unverdächtig scheinenden „Direktbanking“ bzw. bei der Buchung von Aktiendepots im Netz oder dem Online-Kauf von Fondsanteilen an (der Fonds, den du kaufst, hast ja auch ein Management, das Kosten geltend macht). Daher muss es am Ende deine eigene, wohlüberlegte Entscheidung sein, wie du dich absicherst. Du solltest keinesfalls einfach den Tipps von anderen folgen, auch nicht einfach unseren. Nutze aber in jedem Fall Angebote zur Beratung.
➜ Mehr Infos zum Thema Altersvorsorge findest du im Kapitel Versicherungen, Prio 7.