Weil viele Redaktionen sehr wenig Zeit und Personal haben, wird oft kaum noch mit Freien gesprochen, sondern direkt in Datenbanken nach Bildern gesucht. Das bedeutet: Freie, die viele gut fotografierte Bilder fotografieren, die zu vielen Themen und Situationen passen, haben grundsätzlich gute Chancen, wenn sie es schaffen, die Bilder in einer Datenbank anzubieten. Natürlich haben auch die Agenturen Datenbanken, doch manche Freie hoffen, durch das Angebot in einer „eigenen“ Datenbank den vollen Bilderpreis von den Medien zu erhalten statt magerer Prozente.
Die richtige Datenbank finden: Die schönste Datenbank bringt nichts, wenn die Redaktionen sie nicht nutzen. Manchen Redaktionen ist der Kauf von Fotos aus externen Datenbanken regelrecht verboten („wir nehmen nur dpa“), in vielen anderen wird aus Bequemlichkeit oder Unkenntnis nur die branchengrößte Datenbank genutzt, in die auch alle wesentlichen Agenturen ihre Bilder einspielen: picturemaxx. Du musst also eine Datenbank haben, die an picturemaxx angeschlossen ist – oder direkt bei picturemaxx ein Konto anlegen.
Kosten: Mach Dir keine Illusionen. Auch wenn es mittlerweile viele günstige Datenbanksysteme gibt, wirst Du, wenn es um einen Anschluss bei picturemaxx oder ein direktes Konto geht, ordentlich investieren müssen. Weil die erzielten Bildhonorare aber in der Summe mager ausfallen, haben viele Freie nur wenige Tausend Euro über diese Form der Direktvermarktung erzielt. Viele Bildportale und Einzelprojekte wurden in den letzten zwanzig Jahren gegründet und sind wegen der geringen Erlöse nach einigen Jahren wieder vom Markt verschwunden. Manchmal ist ein einziger Fotoauftrag am Tag gewinnbringender als ein ganzes Jahr Datenbankvermarktung!
Direktvermarktung in Datenbanken will gelernt sein: Wer im Bildermarkt direkt vermarkten will, muss letztlich seine eigene Agentur sein. Deren Aufgaben (siehe Auflistung unter „Agenturen“) sind komplett selbst zu übernehmen. In der Praxis wird ein Teil typischer Agenturaufgaben aber häufig von dem oder der Beziehungspartner/in übernommen.
Ein ganz wesentlicher Punkt der Direktvermarktung ist die aktuelle und akkurate Verschlagwortung des Bildmaterials. Dazu gehört gerade auch die Nachverschlagwortung, wenn sich aktuelle Begriffe der Medienwelt zwar mit den Bildern decken, nicht aber deren Verschlagwortung.
Beispiel: Fotografin F hat 1999 viele Fotos zur Hühnerhaltung in Thailand angefertigt, wo viele Menschen direkt am Haus ihre Hühner in Freiluftkäfigen hielten. Sie hat dabei auch viele Fotos von Kindern, die mit diesen Hühnern spielen. Sie hat die Bilder mit „Huhn, Hühner, Hahn, Thailand, Kind, Käfighaltung, spielen“ verschlagwortet. Als im Jahr 2025 die Vogelgrippe in Deutschland ausbricht, setzt sie sich an den Computer und fügt diesen Fotos noch die Schlagwörter/Beschreibungen „Symbolbild für Vogelgrippe“, „Symbolbild für Käfighaltung, die zur Ansteckung mit Menschen führen kann“ hinzu. So wird das Bild von einer Redaktion gefunden, die genau über dieses Thema schreiben will, aber das Phänomen der Käfighaltung im Privathaushalt gar nicht im Blick hatte.
Daher ist das permanente Bemühen um die aktuelle Verschlagwortung ein wichtiges Element der Selbstvermarktung in Datenbanksystemen. Wichtig ist dafür auch eine Software, durch die nur die Beschriftung überschrieben wird, nicht aber die gesamte Bilddatei erneut auf den Server geladen werden muss, weil dies bei Massenbeschriftungen Stunden dauern könnte – Stunden, in denen einige Redaktionen vielleicht schon längst gesucht haben.
Weiterhin ist wichtig, auch die einlaufenden Suchanfragen zu überwachen. Wer in seiner Datenbank die Suchbegriffe einsehen kann, wird dadurch für zukünftige Fotoobjekte sensibilisiert. Er kann zudem solche Bilder, die zur Suchabfrage passen, schnell nachverschlagworten oder dem Suchenden direkt per Mail anbieten. In manchen Fällen wird das gesuchte Bild direkt angefertigt und die suchende Redaktion mit dem frischen Angebot beglückt.
Zur Direktvermarktung gehört auch, die Trends und Themen der faktischen Leitmedien (Spiegel, stern und Bild) sowie der politischen Diskussion im Auge zu behalten. Manche Kollegen inszenieren Bilder auf diese Weise zeitnah.
Beispiel: Am Samstagabend wird durch einen Bundespolitiker eine Debatte über Pfusch im Handwerk angestoßen. Während die Wirtschaftsverbände seinen Rücktritt fordern, wirft sich die Bild-Zeitung (Bild am Sonntag) überraschend mit umfangreichen Betroffenenberichten („So starb mein Dackel im eingestürzten Gartenhaus“ etc.) in die Bresche.
Fotograf F sucht am Sonntagvormittag einen Bekannten auf, der als Bauhandwerker tätig ist. Er überredet ihn, in Arbeitskleidung auf eine Baustelle in der Nähe zu fahren. Mit ausreichender Beleuchtung versehen, posiert der Bekannte in verschiedenen, auch kompromittierenden Situationen (Bierflasche in der rechten, Kelle in der linken Hand). Die Bilder werden bis 15 Uhr in seine Datenbank eingespeist und diverse Redaktionen durch Mails mit Thumbnails auf das aktuelle Angebot aufmerksam gemacht.
Im Laufe des Sonntags wollen die Redaktionen der lokalen und regionalen Zeitungen die Debatte ein- und überholen. Unter Verwendung der nachgestellten Fotos titeln sie nunmehr „Die Pfusch-Debatte“ etc. (Die entsprechenden Bilder sind als Symbolbild gekennzeichnet)
Immer wieder ein Thema: Die Bilderzahl in Datenbanken
Die erhebliche Verbilligung des Bilderhostings und Steigerung der Bandbreiten hat dazu geführt, dass die Zahl der Bilder in Datenbanken nicht mehr von den Kosten abhängig gemacht wird, sondern zu einer Frage der Konzeption einer Online-Datenbank wird. Hier gibt es mindestens zwei Philosophien, die in starkem Gegensatz zueinander stehen. Eine Schule vertritt die Ansicht, dass ein ausreichender Absatz von Bildern nur mit hoher Bilderzahl (30.000 – 40.000 pro Fotografierendem) garantiert ist, während die andere Schule darauf setzt, mit wenigen, besonders ausgewählten Bildern (maximal 1.000 pro Person der suchenden Redaktion bei jedem Foto unabstreitbare Bildqualität zu bieten.
Für die Bereitstellung besonders vieler Bilder spricht:
• Die meisten Redaktionen suchen über ihre redaktionsinternen Systeme ohnehin in Hunderten von Bilddatenbanken gleichzeitig (eine führende Bildredaktion in Deutschland sucht beispielsweise gleichzeitig in 65 Millionen Bildern aus 160 Bilddatenbanken), d.h. wenn sich eine einzelne Bilddatenbank auf wenige Bilder spezialisiert, gehen sie dennoch bzw. erst recht im Bildermeer unter.
• Redaktionen wollen mehrere Alternativen eines Bildes haben und entscheiden sich häufig für Situationen und Alternativen, die aus Sicht des Bildjournalisten gar nicht sein bestes Bild sind.
• Welche Fotos Redaktionen suchen, kann nicht vorherbestimmt werden. Um eine garantierten Mindestabsatz zu erzielen, muss eine breite Bilder- und Themenpalette angeboten werden, bzw. innerhalb ihres Themengebietes eine Vielfalt.
• Die journalistische Qualität von Bildern ist von der aktuellen Nachrichtenlage und politischen Debatte abhängig und kann vom der Bildjournalistin gar nicht allein festgelegt werden, daher muss der Redaktion viel Auswahl geboten werden.
• Wer Bilder vornehmlich nach dem Kriterium der technischen Bildqualität sucht, wird ohnehin eher in den klassischen Online-Bilddatenbanken der Stock- und Werbefotografie suchen.
Für die Bereitstellung einer eingeschränkten Auswahl von Bildern pro Fotografierendem spricht:
• Sucht die Redaktion sehr spezifisch und unter hohem Zeitdruck, bekommt sie mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr schnell ein Bild mit hoher fotografischer Qualität.
• Sofern die Redaktion gezielt sucht, wird ihr wegen der besonderen fotografischen Qualität auch anderes gutes Material gezeigt, das sie zu weiteren Bestellungen anregt.
Stock und Symbolbild – warum nicht?
Wie das oben stehende Beispiel zeigt, ist der Übergang zwischen Berichterstattung und Symbolbild fließend. Viele Freie, die über Datenbanken vermarkten, gehen daher dazu über, auch Symbolbilder bereitzustellen, mit denen Ereignisse, Probleme, Stimmungen, Jahreszeiten auch über einen längeren Zeitraum abgedeckt werden. Zudem werden viele Fotos wegen des Zeitablaufs irgendwann nicht mehr als Nachrichtenmaterial verwendet, sondern nur noch als Symbolbild, wenn es um ein entsprechendes Thema geht. Die Verwendung von Symbolbildern kann allerdings irreführend bis zur Desinformation und Falschdarstellung sein, da Leser häufig nicht mit einer Inszenierung rechnen oder weil die Redaktion das Bild aus dem eigentlichen symbolisierten Bedeutungszusammenhang reißt.
Beispiel: Fotograf F hatte Fotos in einem Dönergeschäft gemacht, die eine Mitarbeiterin beim Abschneiden von Dönerfleisch zeigen. Zwei Jahre später lädt eine Zeitung dieses Bild herunter, um es in einem Artikel „Skandal um Gammelfleisch im Döner“ zu verwenden.
Der Pressekodex verlangt die Kennzeichnung von Bildern, wenn sie als Symbolbilder verwendet werden. Daher sollte im Rahmen der üblichen Nachverschlagwortung auch darauf geachtet werden, dieses deutlich zu machen.
Beispiel wie weiter oben, Vogelgrippe: Fotograf F sollte den Bildern der Kinder in Thailand nicht nur den Begriff „Vogelgrippe“ beifügen, sondern vielmehr „Symbolbild für Vogelgrippe“.
Generell sollten Freie, die explizit Stockmaterial produzieren wollen, über angemessene Technik und Know-how verfügen. Da das Bildmaterial über die Datenbanktechnik permanent im Leistungsvergleich steht, besteht ansonsten die Gefahr, dass Mängel in der Stockfotografie auch auf das Ansehen in der eigentlichen bildjournalistischen Hauptprofession durchschlagen.
Presserechtlich ist gerade beim schleichenden Übergang von Nachrichten- zu Stockfoto darauf zu achten, dass eine Bildverwendung, die als aktuelles Nachrichtenfoto zulässig war, durch Zeitablauf als Stockfoto unzulässig sein kann.
Beispiel (echter Fall): Bürger B hatte wegen Sorge vor Vorbehalten seiner Kollegen und/oder Bekannten und Verwandten nicht am Christopher-Street-Day im heimischen München, sondern in Augsburg teilgenommen. Das Foto zeigt ihn bei einer Umarmung mit einer anderen Person. Zwei Jahre später benutzt eine Münchener Zeitung ein Foto, das ihn in Augsburg zeigt, als Bebilderung für die Ankündigung des kommenden Münchener Christopher-Street-Days. Bürger B klagte gegen die Zeitung und bekam Recht: Eine allgemeine Verwendung als Symbolbild für CSD-Umzüge war nicht zulässig.
Steuerrechtlich ist wiederum zu beachten, dass nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs das Angebot von Stockfotos als gewerbliche und damit potenziell gewerbesteuerpflichtige Angelegenheit zu werten ist.
Fotos mit künstlicher Intelligenz
Die Verbesserung oder Verschlagwortung eigener Bilder mit Hilfe von Software, die künstliche Intelligenz verwenden, ist für viele Profis ein Segen, denn dadurch gewinnen sie Zeit für die eigentliche kreative Arbeit. Doch längst erstellen einige von ihnen auch fotorealistische Bilder für Redaktionen und andere. Hier gelten grundsätzlich die berufsethischen Hinweispflichten für Bildmanipulation [M] und darauf, dass es sich um ein Symbolbild handelt. Darüber hinaus müssen aber auch die wechselseitigen Verträge und Geschäftsbedingungen angepasst werden. Denn nach derzeitiger Rechtslage kann an einem maschinell erstellten Bild kein Urheberrecht des Anwendenden entstehen. Natürlich: wenn klar darauf hingewiesen wird, dass die Lieferung und Bereitstellung eines urheberrechtlich nicht geschützten Bildes vereinbart wird, das maschinell erstellt wurde, dann besteht der Honoraranspruch dennoch. Es darf halt nur nicht mit Verträgen gearbeitet werden, in dem etwas von Urheberrecht steht. Die Zusatzfrage ist, ob die Geschäftsbedingungen der jeweiligen Software einen Verkauf der Erzeugnisse überhaupt erlauben. Das sollte vor einer Vermarktung solcher Bilder stets geprüft werden.
Problematisch kann allerdings der Umstand werden, dass einige Softwareprogramme zur Erstellung „neuer“ Bilder Fotomaterial nutzen, das im Internet gefunden wurde. Dann ist hier unter Umständen gar kein neues Bild vorhanden, das irgendwie (ohne Urheberrechte) verkauft werden könnte, sondern das erstellte Bild basiert auf einer Urheberrechtsverletzung. Wer Bilder in Datenbanken anbietet, die nachweislich Ursprungsbilder anderer Fotografierender als Grundlage haben, kann damit schadensersatzpflichtig werden. Das kann teuer werden – zum Beispiel pflegt die US-Agentur Getty Images bei unerlaubten Bildnutzungen pro Foto pauschal rund 1.000 Dollar in Rechnung zu stellen, und es ist nicht gesagt, dass es bei diesem Satz bleiben muss.
Nachhonorierung
Wer seine Bilder im Downloadverfahren anbietet, wird im Regelfall die Honorare der MFM zu Grunde legen (zum Begriff MFM siehe unten). Allerdings ist immer wieder festzustellen, dass auch renommierte Zeitschriften die Bilder am Ende anders nutzen, als sich aus ihren Honorargutschriften ergibt, vor allem größer aufziehen, oder die Honorierung sogar vergessen wird. Dann ist die Stunde der Nachhonorierungs-Rechnungen, mit denen die überschießende Nutzung ergänzend in Rechnung gestellt wird. Mit Vorwürfen oder gar Strafdrohungen sollte man in solchen Fällen aber nicht gleich kommen – fehlerhafte oder gar fehlende Honorierung ist ein Alltagsfall im Datenbankverfahren. Einfach die festgestellte Nutzung auf eine Rechnung pappen und ab damit. Im Regelfall wird anstandslos (aber auch ohne Entschuldigung) bezahlt.